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Zwischenruf Der kurze Löffel des K. Schreiber

Karlheinz Schreiber ist zurück - und niemanden interessiert’s. Die FDP will die Geschichte mit den Schwarzmillionen nicht mehr hochkochen, um den möglichen künftigen Koalitionspartner nicht zu vergrätzen; die SPD hat selbst an dem von Ulla Schmidt geschnürten Packerl zu tragen. Die CDU meint, die Geschichte um die Geldkoffer, mit denen das einstige CSU-Mitglied Schmier- und andere glitschige Gelder verteilte, beträfe eine andere Generation von christdemokratischen Politikern. Was nicht stimmt, denn Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble war einer der Umschlagempfänger. Die CSU tut so, als wüsste sie nicht, wer Franz-Josef Strauß war, zu dessen Freundeskreis der Waffenlobbyist ja immerhin gehörte. Schreiber selbst hätte wissen müssen: Wer mit dem Teufel speist, muss einen langen Löffel haben. Seiner war zu kurz.

Karlheinz Schreiber, ein Schrecken aus der Vergangenheit.

Karlheinz Schreiber, ein Schrecken aus der Vergangenheit.

(Foto: REUTERS)

Sicherheitshalber, man weiß ja nie, versichert der Leitende Oberstaatsanwalt in Augsburg, der Prozess werde auf keinen Fall vor den Bundestagswahlen am 27.9. beginnen. Das wäre ja noch schöner, wenn der Wähler die Wahrheit davor erführe.

Kanther, Kiep, Kohl

Das Problem ist der Flurschaden, den Menschen wie Kanther, Kiep, Kohl, Schäuble und Schreiber in der deutschen Demokratielandschaft hinterlassen haben. Wenn heuer immer wieder das Wort von der Politikverdrossenheit die Runde macht, dann ist es der Verdruss über diese Art von Politik.

Ob nun mit Schreiberschen Mitteln oder anders: Das Lobbyistensystem funktioniert munter weiter, Abgeordnete werden „bearbeitet“, Gesetze manchmal sogar in die Feder diktiert. Da muss das Skalpell angesetzt werden.

Gepunktete Linie

Die neue Generation der Christdemokraten um Angela Merkel hat einen Schlussstrich gezogen, der an einigen Stellen allerdings eher an eine gepunktete Linie erinnert. Siehe Schäuble. Anders die CSU, deren Chef Horst Seehofer versucht, Strauß wieder zur Ikone zu machen. Schreiber kann beiden schaden. Aber wenn, dann erst nach 9/27.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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