Zwischenruf Die Berliner Tafel
25.08.2009, 13:58 UhrMerkel hat die Pflicht mit Ackermann zu sprechen. Aber wenn er auf Kosten der Steuerzahler seinen Geburtstag im Kanzleramt feiert, bekommen die Gespräche zwischen der Bundeskanzlerin und dem Deutsche Bank-Chef einen faden Beigeschmack. Aber es gibt Schlimmeres, meint Manfred Bleskin.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Natürlich hat eine Regierungschefin das Recht, den wichtigsten Bankier ihres Landes einzuladen, mit ihm und Gästen zu Abend zu essen, Gedanken auszutauschen, nach Wegen zu suchen, wie’s denn weiter gehen soll in der Krise. Mehr noch: Sie hat die Pflicht.
Wenn aber Angela Merkel einem Josef Ackermann mit einem Jahresgehalt in zweistelliger Millionenhöhe überlässt, wer aus Anlass seines 60. Geburtstages an der steuerbezahlten Kanzlerinnentafel Platz nehmen darf, bekommt das Ganze einen faden Beigeschmack. Zweifellos: Ackermann ist nicht irgendwer. Er ist der Mann mit der zum Victory-Zeichen geformten Hand, er ist der Mann, der beim britischen Premierminister Gordon Brown schon im Sessel sitzt, während die Bundeskanzlerin sich vor der Londoner Number 10, Downing Street die Beine in den Bauch steht. Ackermann ist der Vorstandsprecher der Deutschen Bank, die schon wieder mit Investmentgeschäften einen Milliardenreibach macht, jenen hoch risikobehafteten Geschäften also, die für die Krise in hohem Maße mitverantwortlich sind.
Das Abendessen wird nicht gerade billig gewesen sein, aber die Welt hat es ganz bestimmt nicht gekostet. Es gäbe andere Aufreger: Im kommenden Jahr soll der Rüstungshaushalt um 1,6 Milliarden Euro aufgestockt werden. Dem hat auch die SPD zugestimmt. Wenn die von Schmidt geschüttelte Partei jetzt Aufklärung über die Ackermannsche Tafel verlangt, klingt das sehr nach "Haltet den Dieb!"
Als Milchbäuerinnen jüngst vor dem Kanzleramt für das Überleben ihrer Höfe und Familien demonstrierten und ein Gespräch mit Frau Merkel forderten, ließ die CDU-Parteivorsitzende sie abblitzen. Was sind Kleinbäuerinnen gegen Großbanker?
Am 15. Februar 2010 Jahres wird IG-Metall-Chef Berthold Huber so alt wie Josef Ackermann am 7. Februar 2009 wurde. Die Industriegewerkschaft ist die größte Arbeitnehmerorganisation der Welt. Man darf gespannt sein, ob Huber in den schicken Bau am Spreebogen geladen wird und sich die Mitglieder seiner Tafelrunde aussuchen darf.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de