Zu viel Ausschließeritis Die Grünen haben sich verrannt
08.05.2009, 13:32 UhrDie Grünen wollen sich im Bundestagswahlkampf nicht auf eine Koalitionsaussage festlegen. Nur eine Option wird ausgeschlossen: Jamaika. Ein strategischer und politischer Fehler.
Strategisch ist es falsch, weil diese Festlegung der FDP den Eintritt in eine Ampelkoalition nahezu unmöglich macht: Wenn die Grünen eine Zusammenarbeit mit Union und FDP kategorisch ablehnen, ist dies geradezu eine Einladung an die Liberalen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
Es ist politisch falsch, weil noch gar nicht klar ist, zu welchen Angeboten Union und FDP nach der Wahl möglicherweise bereit sind, sollten sie keine "bürgerliche" Mehrheit erreichen. Zwar liegt es auf der Hand, dass vor allem die FDP alles andere als ein natürlicher Partner der Grünen ist. Doch entschieden werden sollte nach der Wahl, auf der Basis konkreter Verhandlungen.
Der Maßstab sind die Inhalte
In der Theorie ist den Grünen das völlig klar: "Grüner Kurs der Eigenständigkeit heißt: Unser Maßstab sind unsere Inhalte", schreiben sie im "Aufruf zur Bundestagswahl", den der Parteitag an diesem Wochenende beschließen soll. Aber eben auch: "Wir stehen als Mehrheitsbeschaffer für schwarz-gelb nicht zur Verfügung." Das ist genau jene "Ausschließeritis", vor der Hessens Grünen-Chef Tarek Al-Wazir nach den schlechten Erfahrungen des vergangenen Jahres warnt.
Al-Wazir hat Recht. Der ausdrückliche Verzicht auf jede Koalitionszu- oder absage hätte zudem den Vorteil, dass die Grünen sich eine völlig überflüssige Debatte erspart hätten. Die Verantwortung dafür liegt bei Renate Künast und Jürgen Trittin, den beiden Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Sie wollten ihre Partei nicht nur auf eine Koalitionsaussage zugunsten einer Ampel festlegen - diese Festlegung sollte auch noch ins Wahlprogramm aufgenommen werden. Beides wird nun nicht passieren, stattdessen wird es besagten "Aufruf" geben.
Es ist schon erstaunlich: Als einzige Partei haben die Grünen den Klimawandel auf der viel zitierten Agenda nicht zugunsten der Finanzkrise nach unten geschoben. Zu Recht fordern sie "rasches und entschiedenes Handeln", um eine Klimakatastrophe abzuwenden. Doch statt politisch zu kämpfen, leisten sie sich eine Debatte, die außerhalb der Partei kaum jemand versteht. Wahlsieger sehen anders aus.
Quelle: ntv.de