Kommentare

Zwischenruf Die Poltergeister von New York

Der Verlauf der 67. Vollversammlung widerspricht dem Geist der UN-Charta.

Der Verlauf der 67. Vollversammlung widerspricht dem Geist der UN-Charta.

(Foto: REUTERS)

Die UNO soll dem Frieden dienen. Der bisherige Verlauf der 67. Generaldebatte der Vollversammlung in New York widerspricht jedoch dem Geist der Charta der Weltorganisation.

Der bisherige Verlauf der Debatten dieser 67. Vollversammlung der Vereinten Nationen verheißt nichts Gutes. Durch den Sitzungssaal im Gebäude am New Yorker East River weht der eisige Hauch der Konfrontation. Nicht nur der verbalen, auch der militärischen. US-Präsident Barack Obama spricht indirekt von einem Angriff auf den Iran; die Zeit für eine friedliche Lösung sei nicht unbegrenzt. Im Vorfeld des Urnengangs Anfang November muss er bei den konservativen Wählerschichten punkten. Gleichwohl kann er es sich nicht leisten, dem israelischen Drängen auf Unterstützung eines Angriffs auf die Islamische Republik nachzugeben. Damit würde er einen Großteil seiner Stammwähler verschrecken. Spätere Änderungen dieses Zickzackkurses sind nicht ausgeschlossen.

Der iranische Staatschef Mahmud Ahmadinedschad polterte in üblicher Weise gegen die Vereinigten Staaten und Israel. Warum manche Beobachter davon sprechen, er habe im Vergleich zu anderen Auftritten Zurückhaltung gezeigt, bleibt deren Geheimnis: Vielleicht, weil der selbsternannte Heilsbringer diesmal keinen Heiligenschein über seinem Haupte entdeckt hat. Noch vor Monatsfrist hatte er eine neue Weltkarte angekündigt, auf der es kein Israel mehr geben werde. Ein iranischer General beschwor gar einen dritten Weltkrieg herauf. Eine Steilvorlage für Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, wie sich zeigt.

Syrien ist Irans wichtigster Partner

Vielleicht nicht ganz unfreiwillig werden arabische Staaten in seinem Kampf gegen das iranische Atomprogramm zu seinen Gehilfen. Katars Emir, Scheich Hamad bin Chalifa al-Thani, fordert unverhohlen eine Invasion arabischer Staaten in Syrien. Syrien ist der wichtigste Bündnispartner des Iran, der das Regime von Baschar al-Assad ganz offensichtlich mit Soldaten, Waffen und Geld unterstützt. Ähnlich wie Katar und Saudi-Arabien den mit ihnen verbündeten Teil der Aufständischen.

Erstaunlicherweise sprach sich Ägyptens sunnitischer Präsident Mohammed Mursi gegen ein bewaffnetes Eingreifen des Auslands in Syrien aus. Mursi entstammt immerhin der Muslimbruderschaft, denen die Anhänger der Schia als Feinde gelten. Syriens Diktator gehört den Alawiten an, einer schiitischen Strömung. Mursi hatte bei einem kürzlichen Besuch in Teheran der dortigen Führung gehörig die Leviten gelesen. Es bleibt zu hoffen, dass Stimmen wie die von Mursi letztlich die Oberhand gewinnen. Danach sieht es bislang eher nicht aus. Am East River findet ein kalter Krieg statt, in dem sich erhitzte Gemüter ihr Mütchen kühlen.

Neu_Manfred-Bleskin_Sep12.jpg

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen