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Wikileaks-Informant erwartet Urteil Die absurde Anklage gegen Bradley Manning

Bradley Manning (m.)

Bradley Manning (m.)

(Foto: AP)

Das Urteil im Prozess gegen den Wikileaks-Informanten Manning steht kurz bevor. Dem 25-Jährigen droht eine Haftstrafe, die für zwei Lebzeiten reicht. Und das ist bei Weitem nicht das einzige Abwegige an den Forderungen der Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft fordert mindestens 154 Jahre Haft für den Wikileaks-Informanten Bradley Manning. Eine absurde Forderung. Nicht nur, weil Manning sie nie überleben würde. Vielmehr ist ein zentrales Argument der Anklage vollkommen abwegig. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 25-jährigen Obergefreiten die "Unterstützung des Feindes" vor.

Ja, Bradley Manning hat Geheimnisse verraten. Das hat er selbst vor Gericht eingestanden. Er versorgte die Enthüllungsplattform Wikileaks mit dem Video eines Kampfhubschrauberangriffs auf Zivilisten im Irak. Er verschaffte ihr mehr als 250.000 Botschaftsdepeschen, die zu einer gehörigen diplomatischen Krise führten. Und er ließ die geheimen Kriegstagebücher, die ein ungeschöntes Bild des Nato-Einsatzes in Afghanistan zeigten, an die Öffentlichkeit dringen. Doch den Wunsch, damit "den Feind" zu unterstützen kann man ihm nicht unterstellen.

Auch Bin Laden surft im Netz

Die Staatsanwaltschaft beruft sich auf eine krude Beweisführung: Sie unterstellt Manning, durch seine Veröffentlichungen die Terrororganisation Al-Kaida bewusst im Kampf gegen Washington geholfen zu haben. Manning sei schließlich klar gewesen, dass auch die Feinde Amerikas das Internet und Wikileaks nutzen, um Informationen zu sammeln und gegen die Vereinigten Staaten zu verwenden. Das dies im Falle Mannings tatsächlich zutrifft, untermauert die Anklage dann noch mit einem fragwürdigen Beleg.

Als US-Spezialeinheiten am 2. Mai 2011 Al-Kaida-Kopf Osama Bin Laden in Pakistan töteten, stellten sie, so der vermeintliche Beleg, auch einen Computer mit Dokumenten von den Manning-Leaks sicher.

Auf Kollaboration steht die Todesstrafe

Noch konstruierter kann eine Argumentation kaum sein: Wäre es Manning wirklich darum gegangen, dem Feind zu helfen, er hätte die Dokumente unmittelbar an Al-Kaida übermittelt und hätte die Welt und vor allem die USA im Unwissen darüber gelassen.

Manning allerdings ging es darum, Missstände in der US-Diplomatie und vor allem bei den Auslandseinsätzen der Streitkräfte aufzudecken. Deswegen vertraute er seine Daten Wikileaks an. In der vielleicht naiven Hoffnung, dass Personen, die die Veröffentlichungen in unmittelbare Gefahr bringen, am Ende nicht identifizierbar sind. Dass es letztlich anders kam, ist allein die Schuld von Wikileaks, die die verfremdeten Namen durch eine Passwort-Panne der Entschlüsselung preisgaben.

Sollte die Staatsanwaltschaft mit ihrer Argumentation durchkommen - es wäre ein Sieg der Unvernunft. Und es wäre gefährlich. Künftig müsste jeder, der belastendes Material über Plattformen wie Wikileaks oder klassische Journalisten veröffentlicht, damit rechnen, dass man ihn wegen Kollaboration zur Rechenschaft zieht. Die Möglichkeit, die US-Regierung öffentlich zu kritisieren, Missstände zum Wohle der Nation aufzudecken, wäre im höchsten Maße eingeschränkt.

Die zulässige Höchststrafe für Kollaboration mit dem Feind liegt in den USA übrigens nicht bei 154 Jahren Haft. Die Staatsanwaltschaft könnte auch im Falle Manning mehr fordern. Die Todesstrafe ist möglich.

Quelle: ntv.de

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