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Zwischenruf Die falschen Eide der FDP

Er habe "nie heilige Eide" geschworen, bei einer künftigen Regierungsbeteiligung das Steuerreformkonzept der FDP sofort und umfassend durchsetzen zu wollen, sagt der Partei- und Fraktionsvorsitzende der "Steuersenkungspartei". Guido Westerwelle muss sich vor dem am Freitag in Hannover beginnenden Parteitag nicht nur in wahlprogrammatischen Grundsatzfragen offen geben, sondern auch in der Koalitionsaussage.

Mit der SPD und den Grünen wären Steuersenkungen schwerlich machbar, mit der Union vielleicht, aber sicher ist es nicht, und vor allem wann ist fraglich. Generalsekretär Dirk Niebel betont zu Recht, dass es zwischen den Wahlprogrammen von SPD, Linken und Grünen größere Schnittmengen gibt als mit seiner Partei. Aber es haben sich noch immer Kompromisse finden lassen, in jeglicher Konstellation. Auch in der Wirtschaftspolitik. Die FDP legt unter dem Eindruck der Krise ein viel stärkeres Gewicht auf soziale Fragen und fordert sichere Arbeitsplätze. Das Unwort von der "Partei der Besserverdienenden" will bei Liberalen heute niemand mehr hören, geschweige denn in den Mund nehmen. Außenpolitisch gäbe es weder mit den Schwarzen als auch den Rot-Grünen Probleme.

Dissonanzen mit Merkel

Sicher: Die bevorzugte Variante wäre eine Koalition mit der CDU/CSU. Aber in den Umfragen bröckelt die schwarz-gelbe Mehrheit. Da muss jeder allein sehen, wie er fertig wird. So geht Westerwelle enttäuscht auf Distanz zu Angela Merkel, wenn diese unter dem Eindruck der Abwanderung von Unionswählern zu den Liberalen für eine "starke CDU", nicht aber für die vom FDP-Chef angestrebte "Koalition der bürgerlichen Mitte" kämpfen will.

Die Delegierten auf dem Parteitag auf der Messe der niedersächsischen Hauptstadt werden sich streiten, der eine wird für Schwarz-Gelb sein, der andere für "Jamaika", der nächste eine Ampel. Eine definitive Aussage aber gibt vielleicht nicht einmal - wie von Westerwelle angekündigt – unmittelbar vor dem 27. September, sondern um 18.01 Uhr des Wahltages.

Westerwelle steht der Partei seit 2001, der Fraktion seit 2006 vor. Nach dem Mummenschanz mit dem "Projekt 18" in 2002 und der Ablehnung einer Ampelkoalition drei Jahre später kann er sich schwerlich eine neuerliche Absage leisten, falls es mit Schwarz-Gelb nicht klappt. Die einstige Mehrheitsbeschafferin FDP ist keine Daueroppositionspartei wie es die Linke nach dem Willen der anderen vier Fraktionen auf Bundesebene bleiben soll. Darauf könnte man "heilige Eide" schwören.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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