Zwischenruf Eine Chance für mehr Demokratie
09.02.2010, 16:40 UhrMit der Bestätigung der 26 EU-Kommissare geht das monatelange Gezerre in der Europäischen Union zu Ende. Die Probleme aber bleiben: Arbeitslosigkeit, Euro-Krise und Klimawandel.
Mit der Bestätigung der 26 EU-Kommissare geht das monatelange Gezerre um die Besetzung der Europäischen Kommission zu Ende. Das Gremium ist wieder arbeitsfähig. Die Probleme sind Legion: Arbeitslosigkeit, Euro-Krise und Klimawandel, um nur die drei wichtigsten zu nennen.
Dass Deutschland mit Englischmeisterschüler Günther Oettinger dem Energiekommissariat vorsteht, mag auf den ersten Blick als Besetzung eines Schlüsselressorts erscheinen. Auf den zweiten Blick wird klar, dass man dem Schwaben so wichtige Bereiche wie die geplante Nabucco-Pipeline und neue Energietechnologien entzogen hat. Auch in anderen Bereichen gibt es Überschneidungen, so zum Beispiel in den Außen- und Nachbarschaftsbeziehungen. Das lässt Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Damen und Herren erwarten.
Doch dies und namentlich die eingeschränkten Befugnisse des deutschen Repräsentanten hätte die Regierung Merkel nicht sonderlich gestört, wollte man den sperrigen Ex-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg doch ohnehin los sein. Und wurden nicht eh alle Grundsatzfragen in bilateralen Tête-à-têtes vorbereitet, um dann von der Kommission angenickt zu werden?
Neue demokratische Perspektiven

Dies könnte nun anders werden. Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso hat sich die Zustimmung des Europäischen Parlaments mit der Zusage erkauft, dass die Eurodeputierten künftig über ein, wenn auch indirektes, Initiativrecht bei der Gesetzgebung verfügen. Das juckt die in Sachen Europa gern selbstherrschaftlich agierende Bundesregierung sehr. Zumal ja der Karlsruher Richterspruch zum Lissabon-Vertrag dem Bundestag ein Mitspracherecht bei europarelevanten Fragen einräumt, ja auferlegt.
Parlamentarismus in einer parlamentarischen Demokratie scheint für manch ein(e) gut, zuviel davon offensichtlich schlecht. Für die eigenen Interessen. Doch für die EU-Parlamentarier und damit auch die EU-Bürger eröffnet der Barroso-Deal neue demokratische Perspektiven. Für die Interessen des (Wahl-)Volkes.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de