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Zwischenruf FDP: Neue Wege an Rhein und Ruhr

Die FDP in Nordrhein-Westfalen zeigt sich zu Gesprächen über eine Ampelkoalition bereit. Ein wichtiger Schritt für die Neuausrichtung der Liberalen. Und ein Signal, das von Rhein und Ruhr bis an die Spree Wirkung zeigen könnte.

Daniel Bahr, Landesvorsitzender der FDP in NRW, signalisiert der rot-grünen Minderheitsregierung Gesprächsbereitschaft.

Daniel Bahr, Landesvorsitzender der FDP in NRW, signalisiert der rot-grünen Minderheitsregierung Gesprächsbereitschaft.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit der Bereitschaft zu Gesprächen über die Bildung einer Ampelkoalition mit Sozialdemokraten und Bündnisgrünen haben die nordrhein-westfälischen Freidemokraten einen ersten Schritt in Richtung Neuanfang gewagt. Die Hinwendung zu neuen Optionen ist längst überfällig, und es ist bezeichnend, dass sie nicht vom Vorsitzenden kommt. Schon Generalsekretär Christian Lindner hatte mit seiner Drohung, die Koalition mit CDU/CSU auf Bundesebene wegen des Streits um die Steuerpolitik platzen zu lassen, am Mythos des Traumpartners gerüttelt. Die Liberalen dümpeln nun schon seit Monaten unter der Fünf-Prozent-Hürde herum. Das übrigens nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Auch in Sachsen-Anhalt, wo in diesem Jahr gleichfalls Landtagswahlen stattfinden, kommt die Partei gerade noch so auf fünf Prozent. Der Bonus des "Hallensers" Hans-Dietrich Genscher, welcher der Partei nach der Wende zu Traumergebnissen verholfen hatte, ist aufgebraucht.

Und dann ist da noch Baden-Württemberg. Wenn das Stammland fällt, hat dies unabsehbare Folgen. Ein Rücktritt des Parteivorsitzenden Guido Westerwelle wäre von geringerem Übel. Vielleicht könnte das Regierungsbündnis in Berlin mit Ach und Krach weitergeführt werden. Ein Bundesaußenminister und Vizekanzler, dessen Partei das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler verloren hat, wäre auch im Ausland untragbar, ein tiefgreifendes Revirement … das Mindeste.

Jung, aber keine Leichtmatrosen

Von den Alten bei den Freien Demokraten ist kein Impuls zu einem Neuanfang mehr zu erwarten. Wie könnte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle seinen Kabinettskollegen Westerwelle zum Rücktritt auffordern oder gar öffentlich über eine Hinwendung zur SPD samt einem inhaltlichen Neuanfang nachdenken? Gleichwohl ist Brüderle der einzige, der den blau-gelben Kahn durch die Brandung führen kann. Erfahrungen mit den Sozialdemokraten hat der alte Politfuchs zudem aus seiner Zeit als Wirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz. Bahr, den man schon mal den "rote Gelben" nannte, und sein Bruder im Geiste Lindner, sind jung. Verdammt jung, aber keine Leichtmatrosen. Drum könnten sie einem Kapitän Brüderle als 1. und 2. Offizier immer schon mal bei der Berechnung des Kurses zur Seite stehen.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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