Odyssee der Fatah-Kämpfer Grausamer Bruderkrieg
03.08.2008, 20:39 UhrDie israelische Vereinigung für Zivilrechte (ACRI) hat die die Regierung beim Obersten Gericht verklagt, weil der Staat Israel gegen internationale Flüchtlingskonventionen verstoße, wenn es Asylanten in ihr Heimatland zurückschicke, wo ihnen der Tod sicher sei. Hintergrund ist eine Geschichte, die selbst in der Komplexität des Nahost-Konfliktes ihresgleichen sucht. Mehr als 180 Mitglieder der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas waren am Wochenende vor der verfeindeten Hamas-Bewegung aus dem Gazastreifen nach Israel geflohen.
Während der Kämpfe am Samstag, als die Hamas versuchte, den Chef eines der Fatah nahestehenden Familienclans festzunehmen, der hinter einem Bombenanschlag auf Hamas-Kämpfer stecken soll, rief Präsident Mahmud Abbas bei Verteidigungsminister Ehud Barak an und bat Israel, die geschlagenen Fatah-Kämpfer aufzunehmen. Obgleich die Hamas mit Scharfschützen und Mörsern sowohl auf die Fatah-Leute wie auch auf die israelischen Soldaten am Grenzzaun schoss, konnten die Fatah-Kämpfer schließlich in der Dunkelheit gerettet werden.
Ausweg ins Westjordanland
Etwa 20 von ihnen waren verletzt und wurden in israelische Krankenhäuser gebracht, die übrigen wurden zum Verhör auf israelische Militärlager verteilt. In Israel hieß es, dass ihn erlaubt werde, ins Westjordanland nach Ramallah zu reisen. Doch dann machte Präsident Abbas eine Kehrtwende, vielleicht nachdem er die erniedrigenden Bilder seiner treuen Kämpfer gesehen hat, wie sie gefesselt, mit verbundenen Augen und nackt bis auf die Unterhose von israelischen Soldaten umringt auf ihren Abtransport warteten. Abbas beschloss, diese "Verlierer" nicht aufzunehmen. Gemäß Presseberichten wolle Abbas nicht erneut den Palästinensern vor Augen führen, dass seine treuen Kämpfer vorzeitig und unehrenhaft das Handtuch schmeißen, sich der Hamas ergeben oder gar in die Sicherheit zum Erzfeind Israel flüchten. Diesmal lege Abbas wert darauf, dass seine Leute in Gaza die Stellung halten.
Abbas habe die unerwartete Kehrtwende auch aus rein finanziellen Gründen gemacht. Jene 250 Fatahkämpfer, die es vor einem Jahr nach der Übernahme des Gazastreifens durch die Hamas nach Ramallah verschlagen habe, erhielten von der Regierung neben ihrem Gehalt auch noch monatliche 350 Dollar Unterstützung und die Miete bezahlt. Doch trotz der Milliardenhilfe, die der Autonomiebehörde bei mehreren Geberkonferenzen in Paris, London und Berlin zugesagt wurde und obwohl Israel regelmäßig Mehrwertsteuer und Zölle nach Ramallah überweist, seien die Tresore der palästinensischen Regierung leer.
Von Hamas erwartet
Da Israel die Fatah-Kämpfer aber nur aus "humanitären" Gründen eingelassen hatte, und damit rechnete, sie ins Westjordanland abzuschieben, entstand eine neue Lage, als Abbas sich plötzlich weigerte, sie aufzunehmen. Israel beschloss daher, sie in den Gazastreifen zurückzuschicken. Die ersten vierzig, die angeblich zu ihren Familien zurückkehren wollten, wurden nach dem Überschreiten des Übergangs bei Kerem Schalom von der Hamas-Polizei festgenommen. Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri sagte, die, die gegen das Gesetz verstoßen hätten, würden strafrechtlich verfolgt, alle Unschuldigen wieder freigelassen. Die Flucht der Palästinenser sei aber ein "Beweis, dass sie gegen das Gesetz verstoßen hätten." Sonst hätten sie sich nicht freiwillig in die Hände der "israelischen Besatzer" begeben.
Die Beziehungen der beiden Palästinenserorganisationen sind äußerst gespannt, seit die radikale Hamas die Macht im Gazastreifen übernommen hat. Seitdem nahm die Hamas rund 300 Fatah-Anhänger im Gazastreifen fest. Im Gegenzug begann die Fatah eine Verhaftungswelle gegen Hamas-Mitglieder im Westjordanland.
Bis Montag Mittag muss der Staat Israel nun dem Obersten Gericht antworten, warum die 188 nach Israel geflohenen Kämpfer des Hilles-Clans nach Gaza zurückgeschickt werden, wo sie riskieren, getötet zu werden.
Quelle: ntv.de