Traditionsbruch nach 310 Jahren Großbritannien im Reformrausch
28.10.2011, 16:12 Uhr
Noch ganz schön wacker: die Queen.
(Foto: dpa)
Unglaubliches vollzieht sich im Vereinigten Königreich. Die Commonwealth-Staaten beschließen eine Änderung der Thronfolgeregelung. Nun darf eine Frau als Erstgeborene Königin werden - auch wenn sie Brüder hat. Die im "Act of Settlement" von 1701 festgeschriebene alte Regelung ist damit Geschichte.
Die ganze Welt schaut derzeit auf Europa. Die Schuldenkrise hält Politiker, Ökonomen und Medienvertreter in Atem. Alle arbeiten bis zur Erschöpfung - tage- und nächtelang - um endlich den großen Wurf zu schaffen. Jede noch so kleine und unbedeutende Äußerung wird auf die Goldwaage gelegt.
Dabei ist die Schuldenkrise nur eine Randnotiz der Menschheitsgeschichte. Denn im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland findet eine regelrechte Revolution statt. Die Commonwealth-Staaten stimmten im fernen Perth einer zu. Künftig können dann Frauen als Erstgeborene den Thron besteigen. Bisher kamen sie nur zum Zuge, wenn sie – wie die "ewige" Königin Elizabeth II. - keine Brüder haben. Damit findet die Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, die im "Act of Settlement" von 1701 festgeschrieben worden war, ihr Ende. Die Windsors stehen damit in einer Reihe mit anderen europäischen Königshäusern wie die Schwedens oder Dänemarks.
Auch Premierminister David Cameron bekommt etwas von dem Glanz ab, denn er geht als großer Reformer in die britische Geschichte ein. Seine konservativ-liberale Regierung hat die Änderung der Thronfolgeregelung mit Vehemenz unterstützt. Sicher ist, dass bei seinen wöchentlichen Unterredungen mit der Queen dieses Thema erörtert wurde. Die habe nichts dagegen gehabt, heißt es aus vertraulichen Kreisen.
Vielleicht ist es Elizabeth auch völlig egal gewesen. Man muss ohnehin davon ausgehen, dass sie noch mindestens 20 Jahre ihr Land repräsentiert und erst dann ihr 83-jähriger Sohn Charles den Thron besteigt. So bleibt wieder alles an Enkel William hängen, denn nun wird in UK mit Sicherheit erwartet, dass er und seine Herzogin von Cambridge zuerst eine Tochter zeugen, damit die mit großem Tamtam vollzogene Reform auch schnellstens umgesetzt werden kann.
Hofschranzen und Journaille haben jedenfalls ein neues Thema. Im kommenden Jahr ist wieder ein großes Event in London, denn die Queen begeht ihr 60-jähriges Thronjubiläum. Für die alte Dame wird sich keiner interessieren. Alle werden auf den Bauch von Kate starren – in Erwartung auf eine neue Königin. Der Druck für die jungen Eheleute wird immens sein.
Da soll noch einer sagen, die britische Monarchie sei verstaubt und passe nicht mehr in die neue Zeit. Ein so großer Schritt bereits nach 310 Jahren - das hätte den Briten niemand zugetraut. Spötter sagen, eher lege sich ein Hund einen Wurstvorrat an, als dass die britische Krone mit ihren Traditionen bricht. Sie irren sich schlichtweg. God save the Queen!
Quelle: ntv.de