Der Kommentar Karlsruhe bremst die Schnüffler
19.03.2008, 14:14 UhrKarlsruhe hat sich wieder als Bollwerk erwiesen, als Bollwerk gegen die ausufernde Sucht des Staates, Daten seiner Bürger zu sammeln. Mit der Abwehr von Terror und Kriminalität lässt sich vieles begründen, aber nicht alles. Die Eilentscheidung über das Gesetz zur Speicherung von Kommunikationsdaten ist zwar nur ein Teilsieg der Kläger und ein vorläufiger. Aber die Linie der Verfassungsrechtsprechung lässt vermuten, dass daraus mit dem Urteil ein endgültiger wird.
Das Gericht hat mit Sorgfalt abgewogen. Die Speicherung von Verbindungsdaten bleibt erlaubt. Verboten ist ihre beliebige Nutzung. Sie muss beschränkt bleiben auf die Verfolgung schwerer Straftaten, braucht daher einen konkreten Verdacht. Zu dieser Entscheidung brauchte das Gericht nicht einmal komplizierte Erwägungen darüber, inwieweit die Verbindungsdaten, die gespeichert werden dürfen, von den Informationsinhalten, die nicht gespeichert werden dürfen, getrennt werden können. Es brauchte auch nicht Erwägungen über den Nutzen der Datenspeicherung für die Strafverfolgung, der nach einem Gutachten des Max-Planck-Instituts für Strafrecht nur knapp über der Nachweisbarkeitsgrenze liegt. Es genügte der Blick ins Grundgesetz, das mit den Persönlichkeitsrechten auch das Telekommunikationsgeheimnis schützt.
Blick ins Regal
Vor 25 Jahren hat das Verfassungsgericht in seinem wegweisenden Volkszählungsurteil das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verankert, das Recht des Bürgers, selbst zu bestimmen, was er von sich preisgibt. Erst neulich hat es der Online-Durchsuchung Grenzen gesetzt, indem es die "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" postulierte. Auch sie soll nur bei der Verfolgung schwerer Straftaten durchbrochen werden. Die verdachtsunabhängige automatische Aufzeichnung von Autokennzeichen könnte Bewegungsbilder von jedem Autofahrer erzeugen und wurde ebenfalls in Karlsruhe verworfen. Die Speicherung und Nutzung von Verbindungsdaten im Internet und Telefon wird, so wie sie jetzt im Gesetz steht, auch noch an den Richtern scheitern. Die Fälle häufen sich.
Ein Bundesinnenminister, er hieß Hermann Höcherl, hat einmal gesagt, Polizisten könnten nicht immer mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen. Minister und Parlamentarier sollten es aber im Regal haben, die Entscheidungen des Verfassungsgerichts auch.
Quelle: ntv.de