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Zwischenruf Libanon: das Mikado der Levante

Kräftiger Händedruck: Libanons Premierminister Saad al-Hariri udn Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad.

Kräftiger Händedruck: Libanons Premierminister Saad al-Hariri udn Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad.

(Foto: dpa)

Der Besuch Ahmadinedschad im Libanon eine zweifelsfreie Warnung an die Adresse Israels. Und er zeigt: Von einer Friedensregelung ist die Region seit dem heutigen Tag wieder ein weiteres Stück entfernt.

Der Aufenthalt von Irans Staatspräsident im Libanon ist kein Staatsbesuch. Mahmud Ahmadinedschad führt sich auf als wäre er daheim. Weit mehr als 40 Prozent der knapp vier Millionen Einwohner sind Schiiten. Diese stehen mehrheitlich hinter der vom Iran ausgehaltenen schiitischen Hesb’allah, der "Partei Gottes". Und die Schiiten empfangen den Säbelrassler denn auch wie einen der ihren. Die Hesb’allah wird hierzulande als Terrorgruppe geführt. An der Levante ist sie Regierungspartei mit einer eigenen Miliz, die der regulären libanesischen Armee deutlich überlegen ist, nicht zuletzt dank der Waffenlieferung aus der Islamischen Republik. In Klammern: Dies beweist nicht zuletzt auch, wie überflüssig die deutsche Marinepräsenz in der Region ist. Die Waffen gelangen über die grüne Grenze zu Syrien ins Land.

Der Händedruck zwischen Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad und Libanons Premierminister Saad al-Hariri widerspiegelt das Dilemma des Zedernstaats. Der Sunnit, Amtsnachfolger und Sohn des 2005 ermordeten Rafiq al-Hariri, steht einer zerbrechlichen Allparteienregierung vor. Wenn Hariri wie beim Mikado den ersten Stab zieht, bricht alles in sich zusammen und ein neuerlicher Bürgerkrieg aus. So kann er nur mit den Wölfen heulen. Führende Mitglieder seiner Partei Tayyar Al Mustaqbal werfen Hariri vor, aus Furcht vor Instabilität die Wahrheit über den Mord an seinem Vater nicht ans Tageslicht kommen zu lassen: Anhänger der Hesb’allah seien die Täter gewesen. Das ist aber ebenso unbewiesen wie die Behauptung, Syrien hätte hinter dem Attentat gestanden. Die Hesb’allah ihrerseits zeigt immer wieder mit dem Finger nach Süden, in Richtung Israel. Eine Entscheidung Hariris zugunsten der einen wie der anderen Seite würde unausweichlich zu einem neuen Bürgerkrieg führen.

Mit seinem Besuch in dem schiitischen Dorf Bint Dschbeil, einen Steinwurf von der Grenze zu Israel entfernt und während des letzten Überfalls auf den nördlichen Nachbarn Hochburg des Widerstands der Hesb’allah, unterstreicht Ahmadinedschad die Rolle seines Landes als Regional- und zugleich als "Schutz"macht des Zedernstaates. Dies ist eine zweifelsfreie Warnung an die Adresse Israels, dass ein weiterer Angriff auch als Aggression gegen den Iran aufgefasst würde. Dies dürfte die Falken auf beiden Seiten einschließlich der palästinensischen Hamas Auftrieb geben. Der Besuch Ahmadinedschads läuft auch den Interessen der PLO von Mahmud Abbas zuwider. Von einer Friedensregelung ist die Region seit dem heutigen Tag wieder ein weiteres Stück entfernt.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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