Zwischenruf Linksruck an der Moldau
20.08.2013, 23:29 Uhr
Präsident Milos Zeman hofft nun, mit seiner Partei SPOZ den Sprung über die Sechs-Prozent-Hürde zu packen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach der Selbstauflösung des tschechischen Parlaments stehen Ende Oktober Neuwahlen an. Der Ausgang ist ungewiss. Aber ein Schwenk nach links, ob mit oder ohne KP, ist wahrscheinlich.
Mit dem Beschluss über die Selbstauflösung der Abgeordnetenkammer des Parlaments erreicht die politische Dauerkrise in Tschechien ihren vorläufigen Höhepunkt. Nach beispiellosen Korruptions- und Erpressungsskandalen der von der konservativen Bürgerpartei ODS geführten Regierung konnte sich das erst im Juni gebildete Expertenkabinett unter Jiří Rusnok auf keine parlamentarische Mehrheit stützen. Die Auflösung war nur eine Frage der Zeit.
In seltener Einmütigkeit hatten sich die Sozialdemokraten der CSSD, die Kommunisten der KSCM und die vom böhmischen Adelsspross Karel Schwarzenberg aus dem Boden gestampfte Partei TOP 09 geeinigt und die erforderliche Drei-Fünftel-Mehrheit zustande gebracht. Das Abstimmungsergebnis wandert nun vom Parlamentsgebäude in dem auf der Prager Kleinseite gelegenen Thunovksky-Palast hinauf auf den Hradschin, die Prager Burg, wo Präsident Milos Zeman residiert. Wann der das Votum gegenzeichnet, ist offen, sagte eine tschechische Quelle n-tv.de. Sicher aber sei, dass der Kommunist auf Zeit und spätere Sozialdemokrat unterschreiben wird. Das hatte Zeman schon in einem Interview mit der kommunistischen Parteizeitung "Halo Noviny" verkündet.
Umfragewerte machen Kommunisten Mut
Nach Querelen mit den Sozialdemokraten hatte Zeman seine eigene, gleichwohl sozialdemokratisch ausgerichtete, Partei der Bürgerrechte SPOZ gegründet und war im März als dritter Staatschef Tschechiens erster direkt gewählter Präsident geworden. Die SPOZ hatte zwar den Einzug ins Parlament verfehlt, erhofft sich aber nun, die Sechs-Prozent-Hürde zu überspringen. Sollte dies der Zeman-Partei gelingen, könnte sie gemeinsam mit den Sozialdemokraten und der vom Agrarmilliardär Andrej Babiš geschaffenen Partei ANO eine Koalition eingehen.
Gelingt das nicht, klopfen die Kommunisten an die Tür. Die Tolerierung einer CSSD-Minderheitsregierung ist nicht gerade nach deren Geschmack. Umso mehr als jüngste Umfragen ihr bis zu 20 Prozent zubilligen. Einer Regierungsbeteiligung der KP steht aber ein Unvereinbarkeitsbeschluss der Sozialdemokraten aus den 90er Jahren entgegen. Auf Bezirksebene koalieren die beiden Parteien aber schon seit geraumer Zeit. In Usti nad Labem (Aussig an der Elbe) beispielsweise stellen die Kommunisten mit Hilfe der Sozialdemokraten sogar den Regierungshauptmann. Der Ceska Republika stehen spannende Zeiten bevor.
Quelle: ntv.de