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Zwischenruf Machtkampf überschreitet Grenze

Mit der Erstürmung des Lagers der iranischen Volksmudschaheddin (PMOI/MEK) Ashraf bei Bagdad durch 2000 Mann der irakischen Armee und der Polizei hat der Machtkampf in der Islamischen Republik die Grenzen des Landes überschritten. Die linksgerichtete, für einen "säkularen Islam" eintretende Organisation ist die größte organisierte Oppositionskraft gegen das Regime in Teheran, die nicht mit dem islamischen Establishment verbandelt ist. Sie verfügt über beachtliche finanzielle Mittel und eine ausgezeichnete Logistik unter den Exiliranern. 2003 zwar von den US-Invasionstruppen entwaffnet, wäre die PMOI/MEK im Falle einer weiteren Zuspitzung der Lage im Iran rasch in der Lage, wieder zu einem militärischen Faktor zu werden.

Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani hieß die Aktion der irakischen Armee gut.

Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani hieß die Aktion der irakischen Armee gut.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani begrüßte die Aktion der schiitisch dominierten Bagdader Regierung. Wenn die Situation im Irak heute ruhiger ist als vor Jahresfrist, so ist dies neben der Bestechung sunnitischer Clanführer durch die USA vor allem auf ein "gentlemen's agreement" zwischen Bagdad, Teheran, London und Washington zurückzuführen. Die einen gewährleisten die Dominanz der Schiiten, die anderen erhalten im Gegenzug Sicherheitsgarantien. Ein wackeliges Konstrukt, das durch den Machtkampf im Iran ins Wanken geraten könnte. Die Erstürmung von Ashraf, bei der es auch Tote gegeben haben soll, gießt Öl ins Feuer und zeigt, wie bedroht sich das iranische Regime fühlt. Und wie sehr das irakische vom ihm abhängt.

n-tv.de bedankt sich bei Manfred Bleskin für 600 Zwischenrufe!

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Immer größere Teile der Konservativen im Iran distanzieren sich von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Ein Arrangement zwischen diesen und den "Reformern", von denen viele selbst für den Staatsterror gegen die weltliche Opposition zuständig waren, erscheint nicht mehr ausgeschlossen. Dies nähme weitergehenden Demokratieforderungen der Demonstranten die Projektionsfläche. Die Volksmudschaheddin als aktiver Faktor im Inneren des Iran wären eine ernstzunehmende Herausforderung für all jene, die von Ajatollah Ali Chamenei bis „Oppositionsführer“ Mir Mussawi für den Fortbestand der persischen Theokratie eintreten.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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