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Volker Jacobs kommentiert MdB mit gläsernen Taschen

Von Volker Jacobs

Die Entscheidung war knapp. Dass sie problematisch ist, zeigt sich auch darin. Es kommt nicht oft vor, dass der Antrag, ein Gesetz für verfassungswidrig zu erklären, in Karlsruhe nur mit Stimmengleichheit verworfen wird. Die Bürger werden nun alsbald im Internet nachsehen können, wie viel die Abgeordneten durch Tätigkeit als Anwälte oder Unternehmer, für Firmen oder Verbände neben ihren Diäten verdienen.

Zu Recht hat das Verfassungsgericht die Bedeutung der Transparenz für die Entscheidungen in der parlamentarischen Demokratie hervorgehoben. Die Pflicht zur Veröffentlichung der Nebeneinkünfte ist auch nicht ohne Anlass eingeführt worden, und der Anlass war zwingend. Die Abgeordneten des Bundestages oder von Landtagen, die sich von Firmen bezahlen ließen, ohne dafür eine erkennbare Leistung zu erbringen, setzten sich nicht allein dem bösen Verdacht aus, als Einflussagenten zu agieren. Sie haben der Akzeptanz des parlamentarischen Systems geschadet.

Fraglich bleibt allerdings, ob die Regelung des Bundestages nicht zu weit geht. Freiberufler sind ohnehin nur noch wenig, Unternehmer kaum noch im Parlament vertreten. Für erfolgreiche Unternehmer wird das Interesse an einem Mandat kaum wachsen, wenn sie ihre Taschen nach außen kehren müssen. Die Zahl der Abgeordneten, die nach Berufsausbildung oder Studium ohne nennenswerte Berufserfahrung von der Jugendorganisation über die Parteiarbeit in ein Mandat eingerückt sind, ist ohnehin ständig gewachsen. Und in Abhängigkeit kann der nur seinem gewissen unterworfenen Abgeordnete auch auf andere Weise kommen, etwa wenn ihm mit dem Verlust des Mandats auch der Verlust seiner materiellen Basis droht.

Der Abgeordnete darf nicht auf zwei Schultern tragen. Aber den berechtigen Ansprüchen der Bürger auf Transparenz des Handelns und der Handelnden würde auch Rechnung getragen, wenn jeder Abgeordnete veröffentlichen müsste, ob und für wen und in welcher Weise er neben seinem Mandat tätig ist. Das Beispiel anderer Länder wie den USA, wo weitgehende Veröffentlichungspflichten wie jetzt im Bundestag seit Jahrzehnten verankert sind, gibt auch nicht viel her. In den USA sind auch Vertragsklauseln, wonach über das Gehalt Stillschweigen zu bewahren ist, nicht üblich.

Quelle: ntv.de

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