Kommentare

CDU-Parteitag in Karlsruhe Merkel gehen die Rezepte aus

Merkel will der CDU einen neuen Geist einhauchen und setzt dabei auf die alten Kamellen.

Merkel will der CDU einen neuen Geist einhauchen und setzt dabei auf die alten Kamellen.

(Foto: dapd)

Es war ein Parteitag der Selbstbespiegelung: Merkel beeindruckt ihre Partei durch Kampfgeist und Entschlossenheit und erklärt das "C" zum neuen Kitt der CDU. Für ihre Wiederwahl als Parteichefin mag das reichen - Wahlergebnisse von 40 Prozent plus x erzielt sie damit aber nicht.

Angela Merkel hat es noch einmal geschafft. Mit scharfen Attacken gegen SPD und Grüne, dem Versprechen einer erfolgreicheren Politik sowie einer offenen Diskussion über das Verbot von Gentests an Embryonen hat sich Merkel noch einmal den Kredit ihrer Partei erkauft. Das Ergebnis ihrer Wiederwahl als Vorsitzende ist zwar ihr zweitschlechtestes. Doch angesichts der Kritik noch wenige Wochen vor dem Parteitag ist es eine klare Solidaritätsbekundung der Delegierten. Merkel hat sie mit einer Wagenburg-Mentalität gewonnen, die sich von Stuttgart 21 über verlängerte Atomlaufzeiten bis hin zur Gesundheitsreform zieht. Ohne Risiken ist das aber nicht: Merkels neuer Kampfgeist mag zwar die CDU vor den wichtigen Landtagswahlen im nächsten Jahr mobilisieren. Mehr Wähler draußen im Land erreicht sie damit nicht.

Ankündigungen ohne konkrete Zusagen

Ein Parteitag muss in erster Linie der Partei nutzen. Merkel scheint das gelungen zu sein.

Ein Parteitag muss in erster Linie der Partei nutzen. Merkel scheint das gelungen zu sein.

(Foto: dpa)

Doch schien das auch gar nicht Merkels Absicht gewesen zu sein. Ihre Rede war ganz auf ihre Wiederwahl zugeschnitten: Den Gegner schlecht, die Lage schön reden, den Wirtschaftsaufschwung für sich reklamieren, viele Versprechen einer besseren Zukunft geben und im Fall von Steuersenkungen oder Bildung Ankündigungen ohne konkrete Zusagen machen. Der CDU gefielen die harten und warmen Worte, viele sprechen von Merkels bester Rede. Doch sie richtete sich ebenso wie die Parteitagsbeschlüsse fast ausschließlich in die Partei hinein. Ob Abschaffung der Wehrpflicht oder das Verbot der Gentests an Embryonen: Diese Entscheidungen erzielen nur eine Binnenwirkung, so wichtig die Diskussion in der Sache auch gewesen sein mag. Die Wehrpflicht wurde bereits öffentlich beerdigt und ein PID-Verbot ist zwar eine ethisch knifflige Sache, betrifft letztlich aber zu wenige Menschen, um wirklich relevant zu werden.

Ein "C" für alle

Neben ihrer klaren Kante hat Merkel neuerdings noch ein Rezept, mit dem sie den Zusammenhalt der CDU und die Gesundung der Volkspartei zu fördern hofft: Das christliche Weltbild soll Konservative wie Liberale, Arme und Reiche, Alte und Junge zusammenführen. In der Partei kommt die Beschwörung des "C" gut an. Doch angesichts der gesellschaftlichen Realität von wachsender Kirchenferne sind Zweifel an der Wirksamkeit dieser Rezepte außerhalb der CDU angebracht.

Die Neuen haben Zeit zum Wachsen

Bleibt noch die personelle Erneuerung der Parteiführung. Der Abgang der vormals starken Männer um Roland Koch macht Platz für Merkels Leute. Norbert Röttgen, Ursula von der Leyen und Annette Schavan - einzig Volker Bouffier ist kein Gewächs von Merkels Gnaden. Und auch wenn von der Leyen und Röttgen noch höhere Aufgaben zugetraut werden: Erst einmal müssen sie sich profilieren, noch hat die Kanzlerin sie im Griff.

Noch ist an Merkels Abgang nicht zu denken. Die Neuen haben Zeit.

Noch ist an Merkels Abgang nicht zu denken. Die Neuen haben Zeit.

(Foto: dapd)

Rhetorisch mobilisiert, mit Beschlüssen hinter sich vereint und personell auf sich zugeschnitten: In Karlsruhe hat Merkel die Reihen der CDU geschlossen und die Partei ganz auf sich zugeschnitten. Damit hat sie auch bewiesen, wie groß ihre Macht ist und wie geschickt sie ihre Partei führen kann. Allerdings gelangt sie zugleich an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Nach der präsidialen Kanzlerin regiert nun die Kämpferin, nach der Modernisierung erfolgt nun der konservative Anstrich und auch personell kann sie nicht mehr aus der Partei holen. Merkel hat noch einmal alles gegeben, nun muss ihre Rechnung aufgehen. Sonst könnte 2011 der Zenit der Macht ganz schnell wieder vorbei sein.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen