Gastkommentar Nervenkrieg vor dem großen Comeback
11.05.2007, 11:43 UhrVon Hans A. Bernecker
Der Nervenkrieg bei der Deutschen Telekom ist eröffnet. Es ist ein Krieg, für den nach Klausewitz gilt: „Gute Generäle verlieren auch Schlachten, um den Krieg zu gewinnen.“ Die Generäle heißen Obermann und Eick. Es sind die beiden wichtigsten Personen im Telekom-Vorstand in der aktuellen Situation.
Die Quartalszahlen waren eine Enttäuschung, aber keine so große Enttäuschung wie es vorher thematisiert wurde. Das Problem liegt klar zutage: Die Profitabilität der Telekom nimmt ab, weil die Personalkosten zu hoch sind und mithin die Tarifgestaltung im Wettbewerb jede Anpassung verhindert. Das kann man in einer Zahl besonders gut ausdrücken: Die Personalkostenquote bei der europäischen Konkurrenz liegt zwischen 14,4 und 17 % (Telecom Italia, France Telecom bzw. Telefnica), diejenige der Dt. Telekom über 26 %. Aus dieser Kostenfalle kommt Telekom ohne Personalkonsequenzen nicht heraus.
Existenzfrage
Der Krieg Telekom/ver.di ist deshalb eine Existenzfrage. Daran kommt niemand vorbei, weder intern noch extern. Das Thema ist genauso lösungsbedürftig wie früher in Sachen Steinkohle oder Deutsche Bahn, um Unternehmen zu erwähnen, die ebenfalls politischer Lösungen bedurften.
Auf den Punkt gebracht: Telekom muss nun mit absoluter Härte diese Konfliktlage durchstehen. Ganz sicher ist auch, dass dabei Kompromisse nötig sind. Das wird ein Verhandlungsergebnis werden. Im Kern geht es um den Kriegsgewinn und der lautet: Die Kostenquote muss unter 20 % sinken, gleichgültig, wie man dies organisatorisch bewältigt. Gibt es dafür eine solide Ausgangslage?
Übergangsphase bis 2010
Es gibt sie, aber sie wird nur Schritt für Schritt erreichbar sein. In Bonn rechnet man mit einer Übergangsphase bis 2010, innerhalb der diese Kostenquote erreicht werden kann.
Auf der betriebswirtschaftlichen Ebene wird sich dies in der Weise zeigen, dass bei noch sinkendem Cash-flow der Boden wohl im dritten oder vierten Quartal erreicht werden kann.
Investoren in den Startlöchern
London rechnet mit einem ganz klaren Interesse mehrerer Finanzinvestoren, die einen Einkauf bei Dt. Telekom fix und fertig in der Schublade haben. Ob und wie investiert wird, hängt vom obengenannten Sachverhalt ab. Eine vorzeitige Entscheidung scheint kaum möglich.
Das hat zur Folge: So wie dieser Konflikt ausgeht, ist die Entscheidung der Finanzinvestoren mit ziemlicher Deutlichkeit präzisiert. Deren Ziel liegt darin: Entweder deutliche Verbesserung der Rentabilität in der jetzigen Konstruktion des Konzerns und/oder Zerschlagung.
Die Meßlatte wurde soeben in New York festgemacht: Ein amerikanischer Telekom-Kunde hat eine durchschnittliche Bewertung zwischen 950 und 1050 $. Die Differenzen hängen vom Lizenznetz (landesweit oder nicht) ab und vom Equipment. Man kann von rd. 1000 $ ausgehen. Das ergibt eine Hochrechnung für dieses Jahr auf etwa 28 Mrd $ Firmenwert für T-Mobile oder etwa 50 % der gesamten Marktkapitalisierung. Darauf liegt das Hauptaugenmerk der Finanzinvestoren.
Relative Stärke steigt
Zwischenbilanz vorbehaltlich des Verlaufes des Konfliktes Telekom/ver.di: Die relative Stärke der Aktie nimmt langsam zu und das erstaunlich hohe tägliche Handelsvolumen ist ein Beleg dafür, dass nicht Volksaktionäre, sondern Großkapital im Markt ist. Die Indizien sind eindeutig.
Die Einschätzung des Comeback für Telekom bleibt unverändert, wenn auch mit politischen Rangeleien aller Art verbunden. Am Ende wird es ein großes Comeback, wie beschrieben.
Quelle: ntv.de