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Zwischenruf "Nicht einmal 0,001 mm"

Die „George Washington“ läuft aus zu einer unnützen Mission.

Die „George Washington“ läuft aus zu einer unnützen Mission.

(Foto: REUTERS)

Die USA schicken ihren Flugzeugträger "George Washington" vor die Küste Nordkoreas, um nach den Angriffen auf Südkorea Stärke zu demonstrieren. Doch das sollte der US-Präsident lieber lassen, meint Manfred Bleskin.

Als Antwort auf den Beschuss der südkoreanischen Insel Yeonpyeong wollen beide Staaten Kriegsschiffe in das Spannungsgebiet entsenden, darunter auch den US-Flugzeugträger „George Washington“, der immerhin 6.000 Mann und 75 Kampfflugzeuge an Bord hat. Das wird Pjöngjang so auffassen, wie es gemeint ist: als Demonstration der Stärke.

Das nordkoreanische Regime wird mit einer Generalmobilmachung antworten, das Feuer eröffnen werden die Soldaten nicht. Immer mehr verdichtet sich der Verdacht, dass der Beschuss der Insel eine auch stark nach innen gerichtete Funktion hat: Der nordkoreanischen Generalität soll bewiesen werden, dass der Kindersoldat Kim Jong Un als neuer Vizechef der Militärkommission und designierter Thronfolger seinem Vater Kim Jong Il an Entschlossenheit nicht nachsteht.

Krankhafte Logik und Unlogik

Zugleich will Pjöngjang dem Rest der Welt, selbst seinem Verbündeten China, zeigen, dass das Land militärisch stark ist und sogar über Nuklearwaffen einschließlich der dafür erforderlichen Trägermittel verfügt. Die krankhafte Logik ist, dass Nordkorea meint, für sein Spiel mit dem Feuer belohnt zu werden. Die krankhafte Unlogik ist, dass die Rechnung aufgehen wird. Der Atomknüppel und die 1,2-Millionen-Mann-Armee sind die einzigen Instrumente, um im internationalen Konzert wahrgenommen zu werden.

Es ist gut, dass Washington und Seoul die anderen Staaten der Sechsergesprächsrunden an einer politischen Lösung der Krise beteiligen will. Das gilt namentlich für China, das über den größten Einfluss auf Nordkorea verfügt, aber auch für Russland. Beide Länder sind die einzigen, die Kim Jong Il besucht hat und bei denen es einen Kontakt auf Führungsebene gibt. Auf die ab dem 28. November geplanten Manöver hätte Präsident Barack Obama verzichten sollen. Es war sein Land, das die Seegrenze einseitig gezogen hat. Nordkorea argumentiert, vor dem Beschuss von Yeonpyeong wären südkoreanische Schiffsgranaten in den „heiligen (!)“ nordkoreanischen Hoheitsgewässern eingeschlagen. Man wolle „nicht einmal 0,001mm“ davon preisgeben. Wie ernst es dem Regime damit ist, zeigt die Tatsache, dass erstmals der Tod von Zivilisten in Kauf genommen wurde. Die „George Washington“ wäre besser daheim geblieben.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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