Volker Jacobs kommentiert Notwendige Entscheidungen
09.03.2007, 14:49 UhrVon Volker Jacobs
Die Debatten waren lebhaft, zeitweise stürmisch. Die Mehrheiten waren gesichert. Dass bei den Entscheidungen über die Rente mit 67 und den Tornado-Einsatz Abgeordnete der Koalition ihre Zustimmung verweigerten, ist kein Drama. Die Abweichler in der SPD dokumentierten allerdings die Schwierigkeiten der SPD in der Koalition. Sie handelt als Regierungspartei, wie sie handeln muss, aber ihrer Anhängerschaft kann sie die Notwendigkeit schwer vermitteln.
Bei der Rente mit 67 machte dies noch während der Debatte die Protestaktion der Gewerkschaft deutlich. Mit dem Gesetz hat Franz Müntefering mutig den ersten Schritt zur Stabilisierung der Sozialsysteme getan. Den bitteren Preis wollen viele nicht akzeptieren. Er ist eine Rentenkürzung. Sie wird nur notdürftig verschleiert mit der Versicherung, die Rente mit 67 zu überprüfen, wenn ihre finanziellen Folgen nicht dadurch gemindert werden, dass die Menschen tatsächlich länger im Beruf bleiben können. Dabei ist gerade dann, wenn dies nicht gelingt, die Rentenkürzung nötig.
In der Aussprache über den Tornado-Einsatz hat niemand mehr versucht, sich oder den Bürgern etwas vorzumachen. Dieser Einsatz markiert eine neue Qualität. Er ist ein Kampfeinsatz, weil die Aufklärungsflugzeuge die Taliban-Kämpfer ausfindig machen sollen, welche die Kampftruppen der ISAF-Partner attackieren sollen. Dass sich die Bundesrepublik der Allianz anschließen und dann die weniger problematischen Aufgaben für sich reservieren könne, hat sich als fromme Hoffnung erwiesen.
Rente mit 67 und Tornado-Einsatz haben sachlich nichts miteinander zu tun. Gemeinsam ist beiden Entscheidungen nur, dass die Mehrheit der Bürger sie ablehnt, dass die Belastung greifbar ist, der angestrebte Erfolg aber in der Ferne liegt. Begeistern kann die Politik aus Notwendigkeit niemanden, aber in der Anhängerschaft der SPD schreckt sie ab. Begeisterungsthemen hat auch die Union kaum anzubieten. Aber sie hat die Kanzlerin.
Quelle: ntv.de