Müntefering und der Mindestlohn Nur ein Pfeifen im Walde
19.06.2007, 14:59 Uhrvon Hubertus Volmer
Dass Parteien Themen aus wahltaktischen Gründen aufgreifen, ist nicht zu beanstanden. Sie folgen damit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Peinlich wird es nur, wenn ihre Flexibilität die Grenze zum Opportunismus überschreitet.
Selten war dies so offenkundig wie derzeit bei der SPD und ihrem aktuellen Lieblingsthema Mindestlohn. Im Sommer 2004, als die SPD noch den Kanzler stellte, hatte der damalige Parteichef Franz Müntefering "keine feste Meinung", ob ein Mindestlohn in Deutschland sinnvoll sei. Es gebe Vor- und Nachteile, sagte Müntefering damals.
Drei Jahre später stellt die SPD nur noch den Vizekanzler. Ihre Meinung zum Mindestlohn haben die Sozialdemokraten mittlerweile gefunden - und, so ein Zufall, auch ein wunderbares Thema für den Bundestagswahlkampf in zwei Jahren. Tatsächlich ist das Thema Mindestlohn aus Sicht der SPD perfekt: Damit kann die Partei gleichzeitig die Union angreifen und die Linkspartei abwehren. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Deutschen für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes ist. Müntefering will es daher den Bürgern überlassen, 2009 über den Mindestlohn zu entscheiden.
Die Sache hat einen Haken. Er liegt in der Glaubwürdigkeit. Münteferings "Zorn und Empörung" nach der Koalitionsrunde in allen Ehren. Doch kann es ihn nicht wirklich überrascht haben, dass die Union einen allgemeinen Mindestlohn ablehnt. Die Position der CDU zu diesem Thema ist seit Jahren unverändert.
Vielleicht hat Müntefering Recht, vielleicht wird es in nächster Zukunft einen Mindestlohn in Deutschland geben. Wahrscheinlicher jedoch ist, dass der Wahlkampfschlager Mindestlohn vom Wähler als das erkannt wird, was er ist: ein Pfeifen im Walde.
Quelle: ntv.de