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Israel, Erdogan und das Tauwetter Obamas diplomatische Tricks

Obama zusammen mit Benjamin Netanjahu in Israel.

Obama zusammen mit Benjamin Netanjahu in Israel.

(Foto: AP)

Drei Jahre lang herrscht Eiszeit zwischen der Türkei und Israel. Nun vollbringt US-Präsident Obama das Wunder und normalisiert die Beziehungen der beiden verstrittenen Länder. Dabei ist Israel weit davon entfernt, der Türkei tatsächlich entgegenzukommen.

Wenige Minuten vor seinem Abflug aus Israel am Freitag gelang Barack Obama das Kunststück: Der US-Präsident legte die dreijährige Fehde zwischen Isra

Bei der Erstürmung der Mavi Marmara starben neun Menschen.

Bei der Erstürmung der Mavi Marmara starben neun Menschen.

(Foto: picture alliance / dpa)

el und der Türkei, die seit dem Sturm der israelischen Marine auf das türkische Schiff Mavi Marmara 2010 mit neun Toten bestand, bei.

Den Hebel dazu hatte ungewollt der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan geliefert, als er vor drei Wochen bei einer UN-Konferenz in Wien den Zionismus mit Faschismus gleichsetzte und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnete. Diese Äußerung brachte ihm scharfe Kritik der Amerikaner und sogar des UN-Generalsekretärs ein. Obama nutzte das, um eine "Versöhnung" zwischen der Türkei und Israel auszuhandeln.  Wichtiges Symbol für diese "Normalisierung" der Beziehungen ist die Rückkehr der Botschafter auf ihre Posten in Tel Aviv und Ankara.

Israel lenkt nicht ein

Eine öffentliche "Entschuldigung" Israels zu dem Vorfall auf der Mavi Marmara blieb dabei allerdings  aus. Erdogan musste sich mit einer offiziellen amerikanischen und israelischen Erklärung zu einem Telefongespräch mit Obama und Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zufrieden geben. Netanjahu äußerte darin lediglich "Bedauern" für die Todesopfer und "entschuldigte" sich beim türkischen Volk nur für "unbeabsichtigte operative Fehler". Gegenüber den Türken konnte Erdogan diese Formulierung als "israelische Entschuldigung" verkaufen, während Netanjahu sagen konnte, sich gar nicht entschuldigt zu haben. "Bedauern" für die Toten hatte Netanjahu schon zuvor geäußert.

Die Forderung nach einer Entschädigung für die Opfer, darunter Aktivisten der als Terror-Organisation eingestuften Organisation IHH, umgeht Israel, indem es Gelder in einen Fond einzahlt. Auf eine von Ankara geforderte Strafverfolgung der beteiligten Soldaten musste Erdogan verzichten. Auch eine Aufhebung der Seeblockade konnte Erdogan nicht durchsetzen. Er musste sich mit telefonischen Beteuerungen Netanjahus zu "Erleichterungen" des Personen- und Warenverkehrs nach Gaza begnügen.

Dabei ist Israel weit auch in diesem Punkt von Zugeständnissen entfernt. Wegen erneutem Raketenbeschuss hatte es erst wenige Stunden zuvor die Blockade des Gaza-Streifens erneut verschärft und eine zeitweilige Schließung des Grenzübergangs für Waren in Richtung Gaza beschlossen. Zudem beschnitt Israel die Rechte palästinensischer Fischer weiter. Sie dürfen jetzt nur noch drei Kilometer  weit aufs Meer fahren, während vorher zwölf Kilometer möglich waren.

Trotz dieser Politik Israels, die kein echtes Einlenken gegenüber der Türkei signalisiert, gelingt es Obama, bei seinem Nahost-Besuch die Eiszeit zwischen den beiden Ländern zu beenden. Mit diplomatischen Tricks und Druck auf die Türkei räumt er einen gefährlichen Nahostkonflikt aus, der eine schwere Belastung für die strategischen Interessen der NATO, der USA, Israels und letztlich auch der Türkei bedeutete. Ohne die amerikanische Vermittlung wären Ankara und Jerusalem wohl kaum fähig gewesen, die politisch und emotional bedingte Krise zu überwinden.

Quelle: ntv.de

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