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Hals über Kopf ins Debakel Platzeck spielt mit dem Feuer

Man kann sich kaum einen schlechteren Start für eine Regierung vorstellen als das, was Matthias Platzeck und sein Linksbündnis in Potsdam abliefern. Die Linkspartei zahlt für die fehlende Aufarbeitung ihrer Geschichte, und der Ministerpräsident erleidet schweren politischen Schaden. Den hat er sich allerdings selbst eingebrockt.

Enttäuscht von seiner neuen Flamme: Matthias Platzeck.

Enttäuscht von seiner neuen Flamme: Matthias Platzeck.

(Foto: REUTERS)

Es gibt dieses Bild, auf dem Matthias Platzeck die verdutzte Kerstin Kaiser ruckartig von hinten umarmt, als wollte er sie ganz für sich behalten. So kurz und heftig diese Zuneigungsbekundung war, so schnell ist die große Liebe zwischen der Brandenburger SPD und der Linkspartei schon wieder abgekühlt.

Die Sozialdemokraten fühlen sich getäuscht von ihrem Partner, der es immer noch nicht geschafft hat, die Lasten der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Der Vertrauensvorschuss, den der Ministerpräsident und seine Genossen der Linkspartei gegeben haben, ist nach den Stasi-Enthüllungen um Gerlinde Stobrawa, Renate Adolph und Gerd-Rüdiger Hoffmann gänzlich aufgebraucht.

Was die Linkspartei anbelangt, zeugen diese Fälle nicht nur von dem immer noch problematischen Verhältnis zur eigenen Vergangenheit, sondern auch schlicht und einfach von Naivität. Die Abgeordneten müssen gewusst haben, dass sie unter besonderer Beobachtung stehen. Im Verdachtsfall die Akten der Birthler-Behörde einzusehen, gehört zum gängigen journalistischen Prozedere. Der bösen Überraschung hätten Stobrawa und Co. also vorbeugen können. Verwunderlich, dass sie ihrer besonderen Verantwortung für ihre Partei nicht nachgekommen sind. Denn das Chaos in Potsdam sendet nicht zuletzt ein fatales Signal ins Willy-Brandt-Haus: die Linkspartei scheint immer noch kein verlässlicher Partner für ein potentielles Bündnis auf Bundesebene zu sein. Das Projekt Rot-Rot 2013 könnte schon in Brandenburg Schiffbruch erleiden

Platzeck muss die Scherben kehren

Platzeck dagegen hat offensichtlich sein politischer Instinkt im Stich gelassen. Er kannte die zweifelhafte Vergangenheit seiner neuen Braut, und hat doch sein politisches Schicksal eng mit ihr verbunden. Denn mit der Hinwendung zur Linkspartei ist das Tischtuch mit der CDU endgültig zerschnitten, eine Rückkehr in eine Große Koalition unter seiner Führung kaum denkbar. So zerknirscht der Ministerpräsident zurzeit auch wirkt, er kann nur eins tun: Er muss sich hinter die Linkspartei stellen und die Scherben selbst aufkehren.

Also schiebt der Ministerpräsident die Verantwortung auf die entlarvten Abgeordneten, spricht von der fehlenden "moralischen und politischen Integrität" Hoffmanns und Adolphs. Dieses Manöver kann den Schaden von der rot-roten Koalition jedoch nicht abwenden. Sicher stehen die beiden ehemaligen IMs nicht pars pro toto, aber ihre Fälle reichen, um die Zuverlässigkeit der Linkspartei in Brandenburg generell infrage zu stellen.

Der Druck auf Platzeck wird trotz seiner Verteidigungsrede vor dem Landtag weiter zunehmen, zumal bei weiteren Enthüllungen über Stasi-Verstrickungen der Linkspartei. Er steht langfristig vor der schweren Entscheidung, ob er mit einem Koalitionspartner in Selbstauflösung weitermachen will, oder die SPD unter der Gefahr, seinen Posten als Ministerpräsident aufgeben zu müssen, reumütig in die Arme der CDU zurückführen will. Wie auch immer er sich entscheidet, er wird sie bereuen, diese heftige Umarmung mit Kerstin Kaiser.

Quelle: ntv.de

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