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Zwischenruf Schweden hat seine Unschuld verloren

Mit dem Einzug der Rechtspopulisten in den Reichstag hat Schweden seine politische Unschuld verloren. Den demokratisch-bürgerlichen Parteien wird es jetzt schwerer fallen, Kurs zu halten.

Ministerpräsident Reinfeldt hat nach der Wahl verschiedene Möglichkeiten.

Ministerpräsident Reinfeldt hat nach der Wahl verschiedene Möglichkeiten.

(Foto: REUTERS)

Der Einzug der extrem rechtsgerichteten Schwedendemokraten in den schwedischen Reichstag raubt der bürgerlichen Vier-Parteien-Koalition ihre bisherige Mehrheit. Ob Ministerpräsident Christian Reinfeldt ein Minderheitskabinett bildet, die Grünen entgegen ihrer ersten Reaktion doch noch in die Regierung gehen oder es zu Neuwahlen kommt: das von den Sozialdemokraten begründete Gesellschaftsmodell des Volksheims wird in seinen Grundzügen bestehen bleiben. Doch das Land hat mit dem Einzug der rassistischen Schwedendemokraten in den Reichstag seine politische Unschuld verloren. Damit folgt das skandinavische Königreich einem europäischen Trend, ähnlich dem in Italien, Belgien, Dänemark und den Niederlanden. Die aus faschistischen Gruppen hervorgegangene Partei kann künftig das berühmte Zünglein an der Waage sein. Da wird es den demokratisch-bürgerlichen Parteien schwerer fallen, Kurs zu halten. In Dänemark regiert die Schwesterpartei der Schwedendemokraten, die Dänische Volkspartei, praktisch mit.

"Schwedens einzige Arbeiterpartei"

Reinfeldts konservative Moderate Sammlungspartei hat das bislang beste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Doch die Regierungspartner von den Christdemokraten, der liberalen Volkspartei und der aus dem Bauernbund hervorgegangenen Zentrumspartei mussten zum Teil empfindliche Einbußen hinnehmen. Zu verdanken haben die Konservativen ihren Sieg an den Urnen, dass sie eben nicht konservativ im landläufigen Sinne des Wortes sind. Die Partei hat das skandinavische Königreich erfolgreich durch die Finanzkrise geführt und den Banken die Zähne gezeigt. Der Slogan "Schwedens einzige Arbeiterpartei"- ein Hieb gegen die Sozialdemokraten, die das Wort in ihrem Parteinamen führen - mag so nicht stimmen, doch die Krisenauswirkungen auf die breite Masse der Bevölkerung hielten sich in erträglichen Grenzen.

Die Sozialdemokratin Mona Sahlin war zu zögerlich.

Die Sozialdemokratin Mona Sahlin war zu zögerlich.

(Foto: REUTERS)

Die Sozialdemokraten kamen mit 30 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 1914. Die älteste Partei Schwedens war zu zögerlich in ihrer Oppositionspolitik, unterschied sich vielfach nicht von den "Moderaten". Das Hauptthema "Kampf gegen den Neubau von Kernkraftwerken" fand zweifellos Zuspruch, reichte aber nicht, um einen überzeugenden Kontrapunkt gegen das Krisenmanagement der Regierung zu setzen. Auch wirkt ihre Vorsitzende Mona Sahlin im Vergleich zu politischen Giganten wie Tage Erlander oder Olof Palme eher blass. Zudem mögen ihr laxer Umgang mit Regierungskreditkarten und die Nichtbezahlung von Strafzetteln wegen Falschparkens eine Rolle gespielt haben. Die Bündnispartner der Sozialdemokraten hingegen konnten - wie die grüne Umweltpartei - zulegen oder blieben - wie die sozialistische Linkspartei - weitgehend stabil.

Schweden stehen turbulente Wochen bevor.

Quelle: ntv.de

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