Kommentar Steinbach kann zufrieden gehen
11.02.2010, 16:06 Uhr
Steinbach verzichtet auf ihren Sitz im Stiftungsbeirat und sagt: "Ich bin sehr zufrieden".
(Foto: APN)
Käme die Einigung nicht so spät, könnte man sich fast freuen. Endlich beenden die Bundesregierung und der Bund der Vertriebenen ihren Streit. Wie kaum einer anderen einzelnen Person ist es BdV-Chefin Steinbach dabei gelungen, Berlin unter Druck zu setzen und im Ausland für Unmut zu sorgen.
Ein Kommentar von Gudula Hörr
Es war mehr als überfällig. Ein unsäglicher Dauerstreit scheint beendet, ein Streit, der zwei Bundesregierungen belastet und das deutsch-polnische Verhältnis aufs Ärgste strapaziert hat. Die Koalition hat sich mit der Chefin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, geeinigt, das Gezerre um die Besetzung des Beirats der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" ist beigelegt.

Seit fast einem Jahrzehnt bestimmt sie die deutsch-polnischen Beziehungen mit.
(Foto: REUTERS)
Der BdV kann sich nun über drei Sitze mehr im Stiftungsbeirat freuen, dafür verzichtet die im In- und Ausland höchst umstrittene Steinbach auf ihren Sitz im Beirat. Die Regierung hat kein Vetorecht mehr über die Besetzung der Posten, künftig entscheidet der Bundestag über die einzelnen Mitglieder des Gremiums. Aber auch andere Organisationen wie die Kirchen oder der Bundestag erhalten mehr Sitze im Stiftungsrat, wodurch sich die Mitgliederzahl von 13 auf 21 erhöht.
Es ist ein Kompromiss, bei dem jede Seite ihr Gesicht wahren kann und sich als Sieger fühlen darf: Die Union, traditionell die Partei der Vertriebenen, verprellt ihre konservative Klientel nicht, indem sie sich mit der CDU-Politikerin Steinbach einigt. Die FDP, die sich in dem Streit standhaft zeigte und als Vorkämpferin der deutsch-polnischen Versöhnung auftrat, erreicht ihr vorrangiges Ziel und verhindert die Nominierung Steinbachs, der "blonden Bestie", wie sie gerne in Polen genannt wird.
Eine Frage des Prinzips
Und vor allem Steinbach selbst kann sich auf die Schulter klopfen. Selten hat eine einzelne Person eine Regierung so unter Druck gesetzt und dabei noch etliche Forderungen durchsetzen können: Die Zahl der Vertriebenen im Beirat der Stiftung kann sie verdoppeln, damit verfügt der BDV über mehr Sitze als jede andere gesellschaftliche Gruppe in dem Gremium. Das Vetorecht des Bundes ist verschwunden, dafür muss nun der Bundestag über die Beiratsmitglieder entscheiden. Ob das dem BdV tatsächlich viel bringt, bleibt allerdings fraglich. Schließlich sind auch die Abgeordneten des Bundestag kaum vertriebenenfreundlicher eingestellt als die Mitglieder der Regierung. Doch darum schien es zuletzt auch nicht mehr zu gehen. Es war mehr eine Frage der persönlichen Animositäten und des Prinzips.
Zu hoffen bleibt, dass Prinzipienfragen künftig außen vor bleiben und es dem Bund der Vertriebenen mehr um Versöhnung geht als um das Durchsetzen der eigenen Positionen. Das gelingt aber nur, wenn sich Steinbach, die sich unter anderem durch ihre Ablehnung des deutsch-polnischen Grenzvertrags 1991 zu einer der unbeliebtesten Personen in Polen gemacht hat, tatsächlich aus der Stiftung heraushält und nicht im Hintergrund die Strippen zieht. Zu lange schon hat sie mitgemischt, zwei Bundesregierungen vorgeführt und in Polen für Missstimmung gesorgt. Dafür ist die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zu wichtig. Dafür sind die Beziehungen zu Polen, das von den Deutschen wie kein anderes Land im Zweiten Weltkrieg verwüstet wurde und das zu Recht höchste Sensibilität von deutscher Seite einfordert, auch 65 Jahre nach dem Krieg zu fragil.
Quelle: ntv.de