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Zwischenruf Steinbrück schadet dem Land

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat Recht, wenn sie sagt, die Eingliederung von Ouagadougou in die Liste der Steueroasen schade Burkina Faso. Noch mehr aber schaden die Äußerungen ihres Parteifreunds Peer Steinbrück Deutschland. Nicht, dass der Bundesfinanzminister nicht wüsste, dass Ouagadougou kein Staat, sondern die Hauptstadt eines westafrikanischen Landes ist. Der Name klingt für geografie und- sprachuninteressierte deutsche Ohren durch die Vokalhäufung ähnlich abfällig wie das Unwort Hottentotten, Stotterer, mit dem die Niederländer dereinst aus Unkenntnis von Schnalzlauten die Ureinwohner am Kap der Guten Hoffnung titulierten.

Steinbrück hat Übung in Worten, die andere verletzen. Der Vergleich der Schweiz mit den Indianern und die Drohung mit der Kavallerie wurden in Bern als "inakzeptabel, aggressiv und beleidigend" empfunden. Nur allzu verständlich, wenn man weiß, dass die Reitertruppen der Vereinigten Staaten die widerständischen Ureinwohner Nordamerikas mit der Gewalt der Feuerrohre niederrangen. Zweimal wurde der deutsche Botschafter ins Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten einbestellt. Steinbrück kann sich freuen, dass dem Auswärtigen Amt der Parteikollege und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vorsteht. Ein anderer als der Hanseat wäre vielleicht geschasst worden.

Nicht nur in Bern und Ouagadougou ist Steinbrück unbeliebt. Auch die Hausherren von N 10, Downing Street und Palais de l'lyse hat der oberste Kassenwart der Nation schon angegriffen. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, Sozialdemokrat wie Steinbrück, reagierte kürzlich in scharfer Form auf die deutsche Forderung, eine "Schwarze Liste" der Steueroasen einschließlich des Großherzogtums zu erstellen.

Damit wir uns richtig verstehen: Der Kampf gegen Steueroasen ist richtig. Superreiche Steuerhinterzieher veruntreuen dem deutschen Fiskus jährlich so an die 100 Milliarden Euro. Nicht zuletzt aber wegen der - auch von Steinbrück vor Ausbruch der Krise betriebenen - Deregulierung.

Steinbrück steht auf den Trümmern seines eigenen Anspruchs. Das Ansehen Deutschlands würde gewinnen, wenn nicht sein Sprecher, sondern er selbst an die Öffentlichkeit träte, um unser Land nicht länger dem Vorwurf der Großdeutschlandtümelei auszusetzen.

Die Drohung des Sozialdemokraten, gegen Steueroasen nicht nur "Zuckerbrot ( ... zu ...) benutzen, sondern auch die Peitsche", wurde oft im Zusammenhang mit Bismarck gebraucht, der die Sozialgesetzgebung einführte, um die Sozialdemokratie eines Wilhelm Liebknecht und August Bebel in die Knie zu zwingen. Die SPD könnte, nicht nur im Ausland, sondern auch daheim, ein paar Prozentpunkte hinzugewinnen, wenn sie Steinbrück in die Schranken weisen würde. Aber, ach ...

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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