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Zwischenruf Suche FDP – biete Mövenpickpartei

Verwaist: FDP-Räume im Bundestag.

Verwaist: FDP-Räume im Bundestag.

(Foto: dpa)

Die FDP sucht nach ihrem Wahldebakel ein neues Profil. Eine Zukunft hat die Partei nur, wenn sie sich den "mitfühlenden Liberalismus" auf die Fahnen schreibt. Ein bisschen Schwung wie 1848 stünde den Gelben dabei gut zu Gesicht.

Spät, zu spät hat die Freie Demokratische Partei ihre soziale Ader entdeckt. Die scheidenden Abgeordneten telefonieren sich die Finger wund und die Ohren heiß, um den gut 500 Mitarbeitern der einstigen Bundestagsfraktion einen neuen Job zu vermitteln. Bis dato glänzten die Liberalen vor allem dadurch, dass sie den Rechtgut- und Verdammtgutverdienenden Pfründe verschafften. Nur allzu oft erschienen ihre Minister als verlängerter Arm der Wirtschaft. Und dies nicht nur bei der Hotel- oder Pharmaindustrie. Das ging hinein bis ins Entwicklungsministerium. In Sachen NSA-Abhörskandal hat man die auf Samtpfötchen daherkommende FDP so gut wie gar nicht wahrgenommen. Da wurde aus Rücksicht auf oder Angst vor der Union das Freiheitsfeuer auf Sparflamme gedreht. Der verbale Abschied von F.D.P. und Besserverdienendenpartei reichte nicht aus.

Als der neue Hoffnungsträger der Partei Christian Lindner soziale Elemente ins Spiel brachte und ein Grundsatzprogramm erarbeiten wollte, musste er das Handtuch werfen. "Mitfühlender Liberalismus" hieß der Fels, auf dem er eine neue FDP bauen wollte. Wohl nicht ganz zufällig hing in Lindners Arbeitszimmer als Generalsekretär in der Berliner Reinhartdtstraße ein Bild von Friedrich August von Hayek, der trotz späterer Hinwendung zum Neoliberalismus in seiner Frühzeit fabianisch-sozialistischen Ideen anhing und später im Sinne Walther Rathenaus eine starke Rolle des Staates zumindest in Krisenzeiten befürwortete.

Natürlich muss die FDP auch die Interessen ihrer Klientel bedienen. Aber alles auf die Schultern des Einzelnen zu verlagern geht eben nicht, und nicht alle Menschen sind von Natur aus Ellenbogentypen. Das Gesundheitswesen - beispielsweise - darf darum nicht nur an den Belangen der Arznei- und Medizintechnikkonzerne, Ärzte und Apotheker ausgerichtet sein, sondern auch und gerade an den Bedürfnissen der Bedürftigen.

Wenn jetzt Lindners Gegenspieler Holger Zastrow, Chef der liberalen Fraktion im sächsischen Landtag, eine Rückkehr zu striktem Neoliberalismus fordert und SPD, Linke und Bündnisgrüne in einen - sozialistischen – Topf wirft und als Koalitionspartner ausschließt, geht er den falschen Weg. Weil erstens mit Schwarz-Weiß-Denken kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist, zweitens die Union alles andere als eine rein schwarz-gelbe Koalitionsfarbe will und drittens die Mehrheit der FDP-Wähler von ihrer Partei am Gängelband der Industrie enttäuscht war.

Nebenbei: Die FDP hat mit den "Sozialisten" der SPD in der Alt-Bundesrepublik schon einmal recht erfolgreich regiert. Zastrows nassforsches Auftreten kann zudem die Wähler des Freistaats schrecken, wo im Sommer nächsten Jahres ein neuer Landtag gewählt wird. Beim bundesweiten Urnengang landeten die sächsischen Freidemokraten bei mickrigen 3,1 Prozent, während die Eurogegner der AfD aus dem Stand auf 6,8 v.H. kamen. Eine Portion aufrührerischen Schwungs wie bei den Liberalen von 1848 stünde der FDP besser zu Gesicht. Dazu gehört das Offenhalten von Bündniskonstellationen ebenso wie soziales Engagement und die Verteidigung der Bürgerrechte.

Quelle: ntv.de

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