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Zwischenruf Syrien: Der Westen agiert hilflos

Der UN-Sicherheitsrat hat die Gewalt gegen Demonstranten in Syrien verurteilt. Mehr nicht.

Der UN-Sicherheitsrat hat die Gewalt gegen Demonstranten in Syrien verurteilt. Mehr nicht.

(Foto: REUTERS)

Der Westen unterstützt in Syrien Kräfte, deren Demokratieverständnis wie jenes des Assad-Regimes gen Null tendiert. Doch statt für die Moslem-Bruderschaft Partei zu ergreifen, sollte der Westen einen Dialog befördern. Ein Bürgerkrieg hätte verheerende Folgen. Auch für Israel.

Früher habe man in Ägypten angerufen, wenn es Probleme gab, heute habe Israel niemanden mehr, den es dort anrufen könne, meint Ephraim Sneh, General a.D. und früher Abgeordneter der Knesset für die Arbeitspartei. Snehs Seufzer widerspiegelt nicht nur das Dilemma Israels, sondern auch des Westens. Und nicht nur in Bezug auf Ägypten. Zwar gab es niemanden, den man in Syrien anrufen konnte, doch war das Regime in seiner Gefährlichkeit berechenbar: Unterstützung der Hizb-Allah im Libanon und der Hamas in Gaza, Bündnis mit dem Iran.

Wer jetzt gegen das Regime der Baath-Partei von Baschar al-Assad auf die Straße geht, kann kaum jemand mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Dass die Moslembruderschaft, die offensichtlich an der Spitze der Proteste steht, kein demokratischer Debattierklub ist, steht jedenfalls außer Frage.

Assad lässt Hama weiter beschießen.

Assad lässt Hama weiter beschießen.

(Foto: Reuters)

Statt auszuloten, was nach einem – derzeit kaum absehbarem – Ende der Assad-Dynastie kommt, verhängt die Europäische Union wirkungslose Sanktionen; Deutschland drängt mit Portugal auf eine Verurteilung des Regimes durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen: Doch mehr als eine Präsidentielle Erklärung gegen Gewalt und Menschenrechtsverletzungen kam nicht heraus. Eine Präsidentielle Erklärung ist im Unterschied zu einer Resolution nicht bindend. Außer den Vetomächten China und Russland dürfte auch der Libanon kaum für ein solches Dokument zu gewinnen sein.

Der Westen, aber auch Moskau und Peking, agiert in Syrien und dem Rest Arabiens hilflos. Nun mag Ankara im Unterschied zu früher an seinen Grenzen iranische Waffenlieferungen für die Hisbollah stoppen: Aber die Nutzung des NATO-Luftwaffenstützpunktes Incirlik für einen Bombenkrieg wie in Libyen würde die türkische Regierung kaum gestatten.

Parteiengesetz ist eine Farce

Solange die Armee zu Assad steht, wird es kaum gelingen, das Regime von innen zu Fall zu bringen. Das ist ein entscheidender Unterschied zu Ägypten und zu Tunesien, in gewisser Weise auch zu Libyen. Das heute verabschiedete neue Parteiengesetz ist eine Farce. Assad wirkt unglaubwürdig, wenn er gleichzeitig die Rebellenhochburg Hama beschießt. Doch der Westen sollte zum Dialog aufrufen anstatt Kräfte zu hofieren, die für Demokratie ebenso wenig Verständnis aufbringen wie das herrschende Regime. Und von denen offensichtlich auch Gewalt ausgeht. Im Falle eines Bürgerkriegs in Syrien würde sich für Israel nicht einmal ein Blick ins Damaszener Telefonbuch lohnen.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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