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Zwischenruf Syrien: Die Lunte glimmt

Britisches Kommando in Syrien? Russische Instrukteure an syrischen Abschussrampen? Das Ausland mischt sich immer stärker ein. Die Gefahr einer weiteren Eskalation wächst. Nur eine internationale Friedenskonferenz kann den Konflikt beenden.

Der türkische Regierungschef Erdogan will sich keine weitere Grenzverletzung syrischer Streitkräfte gefallen lassen.

Der türkische Regierungschef Erdogan will sich keine weitere Grenzverletzung syrischer Streitkräfte gefallen lassen.

(Foto: AP)

Nach dem Abschuss eines türkischen Flugzeugs durch die syrische Luftabwehr ist das Bild vom Flächenbrand im Nahen Osten kein Szenario mehr. Die Gefahr wächst, dass sich der längst zum Bürgerkrieg mutierte innere Konflikt zu einer direkten zwischenstaatlichen Konfrontation auswächst. Dabei spielen alle Seiten mit dem Feuer: Die Türkei, wenn sie mit einer vorgeblich unbewaffneten Maschine testet, ob Syriens Luftabwehr immer noch so schlampig reagiert wie 2007, als Israel den mutmaßlichen Al-Kibar-Atomreaktor bombardierte. Wer die Mär vom verirrten Flugzeug glaubt, ist selber schuld. Und wenn ein Kommandeur Piloten unbewaffnet in oder in die Nähe eines Konfliktherdes schickt, gehört er vors Kriegsgericht. Syrien handelt unverantwortlich, wenn eine Maschine ohne Vorwarnung abgeschossen wird.

Gut unterrichteten nahöstlichen Quellen ist zu entnehmen, dass das Flugzeug mit jüngst gelieferten russischen Pantsyr-1-Raketen vom Himmel geholt wurde. Dabei wären den Syrern russische Instrukteure zur Hand gegangen. Derselben Quelle zufolge soll ein britisches Spezialkommando von der Türkei aus bis zu zehn Kilometer tief auf syrisches Territorium vorgedrungen sein. Das Ziel: Die Schaffung eines Brückenkopfes für weitere Inkursionen aus dem Ausland. Auch heißt es, die USA hätten Stealthbomber vom Typ F-22 auf die Al Dhafra Air Base in Abu Dhabi verlegt. Die Maschinen sind für das Radar unsichtbar. Russland hatte bereits vor ein paar Tagen zwei schwere Kriegsschiffe mit Marineinfanteristen und Panzern an Bord in seinen syrischen Stützpunkt Tartus verlegt. Zum Schutz der in Syrien tätigen Landsleute, wie es beschwichtigend aus Moskau hieß.

Nun ist nicht zu erwarten, dass sich Ankara auf den Bündnisfall beruft und so alle anderen 27 Mitgliedsstaaten der NATO zur Unterstützung eines Angriffs auf Syrien verpflichtet. Doch das verdeckte wie das offene Engagement des Auslands hat ein friedensbedrohliches Ausmaß erreicht, das jederzeit zu einer Explosion führen kann. Zwischen Regierungstruppen und Aufständischen herrscht ein Patt. Nur eine Friedenskonferenz unter Einschluss aller interessierten Seiten kann die glimmende Lunte austreten.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist er Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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