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Zwischenruf Syrien: Jahrelanger Bürgerkrieg droht

Israel soll Ziele in Syrien beschossen haben.

Israel soll Ziele in Syrien beschossen haben.

(Foto: dpa)

Der Bürgerkrieg in Syrien hat die Grenzen des Landes längst überschritten. Nach den israelischen Luftangriffen drängen die US-Falken Präsident Obama zum militärischen Eingreifen. Die Gefahr ist groß, dass dann auch Drittstaaten aneinandergeraten.

Die Lage in und um Syrien hat ein Ausmaß erreicht, vor dem - auch an dieser Stelle - wiederholt gewarnt wurde. Die Kampfhandlungen zwischen Regierungstruppen und Aufständischen haben auf den Libanon übergegriffen; dort liefern sich Sunniten und Alewiten immer wieder Feuergefechte. An der Grenze zur Türkei kommt es zu Scharmützeln zwischen Armeeeinheiten beider Seiten. Ankara wartet auf einen Vorwand, um gegen die derweil faktisch autonomen Kurdengebiete in Nordsyrien vorzugehen. Geheimdienstnahe Quellen aus Israel berichten über die Anwesenheit von iranischen Basij-e Mostaz'afin-Milizionären in Damaskus. Die Luftangriffe Israels auf syrisches Staatsgebiet mit dem Ziel, mutmaßliche Raketentransporte aus dem Iran für die schiitische Hisbollah im Libanon zu verhindern, runden das gefährliche Bild der Regionalisierung des Konflikts ab.

Die westliche Allianz, aber nicht nur sie, steckt in einer Zwickmühle: Die USA liefern Lebensmittel und medizinische Güter an die Rebellen, Großbritannien und Frankreich drängen auf ein Eingreifen aus der Luft. Die Türkei dient der Freien Syrischen Armee als Rückzugsgebiet und stellt wohl auch Waffen bereit. Deutschland, das mit der Dislozierung von Patriot-Abwehrraketen an der türkisch-syrischen Grenze bereits ein militärisches Zeichen gesetzt hat, hält sich mit weitergehenden Schritten klugerweise zurück. Doch Israel und demokratische wie republikanische Falken in den USA drängen Präsident Barack Obama zu direkter bewaffneter Intervention. Obama schließt die Entsendung von Bodentruppen aus: Zu tief sitzen der Irak- und der Afghanistan-Schock. Doch allein der Einsatz der US Air Force aus der Luft würde bedeuten, weiter an der Schraube der Eskalation zu drehen. Russland sähe sich zu einer Reaktion gezwungen. Die Folge wäre eine der Berlin- oder Kubakrise nicht unähnliche Situation.

Druck auf Obama wächst

Es liegt nach den jüngsten UN-Untersuchungen nahe, dass Aufständische durch die Anwendung von hochgiftigem Sarin-Gas Druck auf Obama ausüben. Dieser hatte erklärt, sollte Machthaber Baschar al-Assad auf chemische Kampfstoffe zurückgreifen, wäre eine rote Linie überschritten. Eine solche Untat der jeweils anderen Seite in die Militärstiefel zu schieben, ist im Krieg ein Leichtes. Die Komplexität der Lage wird mit Blick auf die radikalsunnitischen Rebellen vollends augenfällig. Deren Ziel besteht nach Al-Kaida-Manier darin, ein islamistisches Kalifat zu errichten. Als einziger Ausweg erscheint eine internationale Friedenskonferenz unter Einbeziehung aller Konfliktparteien. Beharrt die Opposition weiter auf einem vorherigen Rücktritt von Assad, sollten er und sein Clan der Forderungen nachkommen. Andernfalls droht - bei latenter Gefahr von Zusammenstößen zwischen Drittstaaten - ein langandauernder Bürgerkrieg wie einst im Libanon.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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