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Waffen für die Welt, keine Waffen für Syrien Verlogener geht es nicht

Waffen an die syrische Opposition will Deutschland keinesfalls liefern. Es gibt gute Argumente für diese Haltung. Doch der Bundesregierung geht es nur darum, sich die Hände nicht schmutzig zu machen. Vollends heuchlerisch wird ihre Politik im Lichte der deutschen Waffenexporte.

Ein ehrliches Bild: Westerwelle ratlos in Brüssel. Am Ende des Treffens der Außenminister wurde das Waffenembargo nicht verlängert, Großbritannien und Frankreich erklärten aber, vor August wollen sie keine Waffen liefern.

Ein ehrliches Bild: Westerwelle ratlos in Brüssel. Am Ende des Treffens der Außenminister wurde das Waffenembargo nicht verlängert, Großbritannien und Frankreich erklärten aber, vor August wollen sie keine Waffen liefern.

(Foto: AP)

Wenn es darum geht, die Bundeswehr aus einem bewaffneten Konflikt herauszuhalten, ist Schwarz-Gelb immer ganz vorn mit dabei. "Eine militärische Lösung wird mit Sicherheit keine nachhaltige, friedliche, demokratische, stabile Lösung für Syrien bringen", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle vor wenigen Tagen.

Schon vor zwei Jahren hatte der frühere FDP-Chef jedes Eingreifen in Libyen kategorisch ausgeschlossen. "Wir wollen und dürfen nicht Kriegspartei in einem Bürgerkrieg in Nordafrika werden", sagte Westerwelle damals. Ein paar Monate später, als das Gaddafi-Regime gestürzt war, brüstete er sich damit, die deutschen Sanktionen hätten zu diesem Erfolg beigetragen.

Westerwelle ist nur das krasseste Beispiel der neuen deutschen Friedenspolitik. Aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 2003 als Oppositionsführerin noch die rot-grüne Bundesregierung für ihre Ablehnung des Irak-Kriegs kritisiert hatte, will sich die Hände nicht schmutzig machen. "Wir haben ein großes Interesse, dass der schreckliche Krieg in Syrien ein Ende hat", sagte sie. Das war es dann aber auch.

Ja, dieser schreckliche Krieg. Da ist es schon besser, wenn die Syrer sich gegenseitig töten, ohne deutsche Waffen in den Händen zu halten. Moment - deutsche Waffen? Da war doch was. Richtig: Mit der Tatsache, dass Deutschland nach den USA und Russland der drittgrößte Rüstungsexporteuer der Welt ist, hat die Bundesregierung keine Probleme. Panzer für Saudi-Arabien? Klar!

Weltweit einmalige Heuchelei

Erst vor wenigen Tagen billigte das Bundeskabinett einen UN-Vertrag über die Begrenzung des Waffenhandels. Dabei geht es natürlich nicht darum, den deutschen Waffenhandel zu begrenzen. Begrenzt werden soll der Handel nur, wenn mit den gelieferten Waffen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden können - was mit deutschen Waffen aus Sicht der Bundesregierung selbstverständlich nicht möglich ist.

Es ist die Kombination von deutschen Rüstungsexporten und deutscher "Nicht mit uns"-Politik, die für diese weltweit einmalige Heuchelei sorgt. Die Weltkarte der Länder, die Waffen aus Deutschland beziehen, hat nur wenige weiße Flecken. Auf dem Rüstungsexportbericht 2011 - der für 2012 wird erst im Herbst veröffentlicht - prangt neben dem Logo des zuständigen Wirtschaftsministeriums der Slogan des Rösler-Ressorts: "Wirtschaft. Wachstum. Wohlstand." Von Frieden steht da nichts.

Das wäre ja auch in Ordnung, würde sich die Bundesregierung nicht mit größter Penetranz und Peinlichkeit aus jedem militärischen Konflikt heraushalten. Es gibt gute Argumente dafür, den syrischen Rebellen keine Waffen zu liefern. Ein solcher Schritt könnte Russland veranlassen, das Assad-Regime hochzurüsten. Aus europäischer Sicht sind auch die Islamisten ein Problem, die an der Seite der Aufständischen kämpfen. Nur wird man das Gefühl nicht los, dass es der Bundesregierung gar nicht um Argumente geht. Sie will ihre Hände in Unschuld waschen, nichts weiter. Libyen, Syrien, Mali - egal, worum es geht, die deutsche Position steht fest: Wir machen nicht mit.

Sich offen dem Krieg verweigern, insgeheim von Rüstung und Krieg profitieren - verlogener geht es nicht. Bei der Unterzeichnung des Waffenhandelskontrollvertrags am 3. Juni in New York will Westerwelle dabei sein. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wird er dann wieder so tun, als sei Frieden ein ehrliches Anliegen der deutschen Regierung.

Quelle: ntv.de

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