Contra Vive le Président?
06.02.2012, 15:48 Uhr
Merkels deutsch-französische Freundschaft heißt Sarkozy.
(Foto: dpa)
Merkels französisches Engagement ist formal nicht zu beanstanden. Doch die Behandlung des sozialistischen Herausforderers kann im Falle des Wahlsiegs von François Hollande den deutsch-französischen Beziehungen Schaden zufügen.
Noch hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy seine Wiederbewerbung um das höchste Staatsamt gar nicht offiziell verkündet. Aber die Pariser Spatzen pfeifen etwas von Ende Februar, Anfang März. Das ficht die Bundeskanzlerin und ihre CDU nicht im Geringsten an. Generalsekretär Hermann Gröhe verteidigt das Engagement von Angela Merkel im - von Seiten des Amtsinhabers eben noch gar nicht begonnenen - Wahlkampf mit dem Hinweis auf die Schicksalshaftigkeit des Urnengangs am 22. April: entweder Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit oder linke Umverteilungspolitik.
Nun hat ja Sarkozy in den vergangenen Jahren wirtschaftspolitisch nicht gerade geglänzt. Und ob der sozialistische Kandidat François Hollande sein 60-Punkte-Programm linear durchsetzt, ist auch fraglich.
Der gegenwärtige Hausherr im Palais d'Élysée, Sarkozy, liegt in den Umfragen von zwölf französischen Meinungsforschungsinstituten mal mehr, mal weniger deutlich hinter dem Herausforderer. Ob nun gerade Frau Merkel ihm die fehlenden Stimmen zuführen kann, ist alles andere als sicher. Eine im Auftrag des Politikmagazins "ParisBerlin" in beiden Ländern durchgeführte repräsentative Untersuchung zeigt erfreulicherweise, dass Deutsche und Franzosen einander recht grün sind. Doch lässt sich die gegenseitige Sympathie kaum auf den jeweiligen Staats- beziehungsweise Regierungschef extrapolieren. So könnte sich das deutsche Wahlkampfpräsent als Danaergeschenk erweisen. Der Auftritt von Camarade Hollande auf dem SPD-Parteitag hat dem Genossen Sigmar Gabriel zumindest keinen Zuwachs an Beliebtheit gebracht.
Formal hat Merkel Recht, wenn sie ihr Eintreten für Sarkozy mit dessen Präsenz in zurückliegenden deutschen Wahlkämpfen rechtfertigt. Aufgefallen ist das damals aber kaum jemandem. Unter den Bedingungen der gegenwärtigen Krise, in denen Europa und die Welt auf das "Merkozy" getaufte Duo blicken, erfährt Merkels Engagement eine ganz andere Aufmerksamkeit.
Umso mehr, wenn die deutsche Regierungschefin den Besuchsantrag des möglichen französischen Präsidenten ganz offensichtlich im Posteingangsfach des Bundeskanzleramts schmoren lässt. Das lässt im Falle von Hollandes Sieg an den Urnen nichts Gutes erwarten. Der hat ja bereits angekündigt, den 1963 von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle unterzeichneten Élysée-Vertrag neu verhandeln zu wollen. Frau Merkels Auftritt im französischen Wahlkampf zeugt vor diesem Hintergrund nicht von staatsmännischer Weitsicht, sondern erinnert an kumpelhaftige Nachbarschaftshilfe. Vive la France oder Vive le Président, das ist hier die Frage, Mme Merkel.
Quelle: ntv.de