Kommentare

Für Allah und Obama Waffenruhe in Nahost

Mit einer dramatischen Erklärung an das Volk präsentierte sich Israels Ministerpräsident Ehud Olmert als Friedensbringer, indem er nach drei Wochen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen einen einseitigen Waffenstillstand verkündete. Olmert deklarierte Israel zum "Sieger", da die radikal-islamische Organisation "vernichtend geschlagen" worden sei und die israelischen Militärs ihre Ziele erreicht hätten. Neben ihm saß Verteidigungsminister Ehud Barak, eingepackt in eine glänzende dunkelbraune Lederjacke, wie sie in den siebziger Jahren bei 16-jährigen "Halbstarken" groß in Mode war.

So vermasselte Olmert nur den feierlichen kitschigen Einzug des amerikanischen Präsidentschaftsanwärters Barack Obama in einem bunt geschmückten dunkelblauen Eisenbahnzug in Washington, Abraham Lincoln nachahmend.

Schmales Zeitfenster

Schon als Israel am dritten Weihnachtstag mit seiner "Operation gegossenes Blei" die fundamentalistischen Hamaskämpfer ausgerechnet am Sabbat überraschte, war den Israeli das Zeitfenster bewusst. Der Weihnachtsurlaub der Regierungen in aller Welt würde ungefähr bis zum 6. Januar andauern und dann mussten sie sich beeilen, um rechtzeitig vor der Vereidigungszeremonie in Washington das nahöstliche Silvesterfeuerwerk zu beenden.

Aber so wie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärt hatte, dass die Waffenstillstandsresolution 1860 des Sicherheitsrates für "alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen bindend sei", so reiste Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier laut Agenturberichten "vermittelnd" nach Ramallah zur Autonomiebehörde, um Israel und die "Palästinenser" zu einem Waffenstillstand zu bewegen. Der UN-Chef bedachte offenbar nicht, dass die Hamas weder Staat noch UN-Mitglied ist und die Berichterstatter zu Steinmeier scheinen nicht bemerkt zu haben, dass es gar keinen "Schieß-Krieg" zwischen Israel und der Autonomiebehörde in Ramallah gab.

Da ganz besonders im Krieg immer zwei zum Tango gehören, fragt sich jetzt, was denn die Hamas von dem einseitigen Waffenstillstand hält. Sollte nämlich die Hamas weiterhin Raketen auf Israel abschießen oder gar die im Gazastreifen verbliebenen Truppen attackieren, will Israel genauso hart und blutig zuschlagen wie in den drei Wochen vor dem Waffenstillstand. Das nennt sich dann nicht mehr "Operation gegossenes Blei", sondern wäre dann nur noch "legitime Selbstverteidigung".

Verabredung mit Allah und Obama

Der Hamaschef in Gaza, Ismail Hanija, war vor einer Woche aus seinem Versteck hervorgekommen und hatte behauptet, seine Organisation sei "mit dem Sieg verabredet". Wer Allah hinter sich wisse, könne nicht kapitulieren. Die Hamas verlangt eine Öffnung aller Grenzen und Dschihad Islami, eine andere radikale Organisation in Gaza, will weiterkämpfen, bis der letzte israelische Soldat aus dem Gazastreifen vertrieben worden sei.

So wird Olmert jetzt als rücksichtsvoll gelobt werden, Obamas Tag des Lebens nicht gestört und den "Frieden" in Nahost wieder hergestellt zu haben. Doch gibt es keine Garantie dafür, dass auch die andere Kriegspartei, die Hamas, mit der niemand redete und für die weder UN-Resolutionen noch das Völkerrecht gelten, dem zustimmt und ausgerechnet dem neuen Chef der christlichen "Kreuzfahrer" im verhassten wie "dekadenten" Westen gleiche Ehre erweisen will. Schon am Morgen signalisierten sechs Raketen auf Sderot, dass der Waffenstillstand nur für Israel gilt und nicht für die Hamas.

Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 70er Jahre aus der Region immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen