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Deutschlands Restrisiko Warum wir Kohl (nicht mehr) brauchen

Altbundeskanzler Kohl warnt vor einer Kehrtwende in der Atompolitik nach der Reaktorkatastrophe in Japan. Die Rolle rückwärts sei jetzt nicht angebracht und ein schneller Ausstieg führe in eine Sackgasse. Die Welt würde noch gefährlicher. Mit Kohl hat Deutschland ein weiteres Restrisiko.

Helmut Kohl stellte Ende vergangenen Jahres einen Doppelbildband mit großformatigen Fotos aus seinem privaten und politischem Leben vor.

Helmut Kohl stellte Ende vergangenen Jahres einen Doppelbildband mit großformatigen Fotos aus seinem privaten und politischem Leben vor.

(Foto: picture alliance / dpa)

Um Helmut Kohls Zukunft muss man sich keine Sorgen machen. Der Mann hat ein erfülltes politisches Leben hinter sich. Seine alte Bundesrepublik steht vor einer bedeutenden energiepolitischen Weichenstellung. Dabei geht es um die Erschließung neuer Technologien und auch darum, im dicht besiedelten Deutschland kein atomares Risiko mehr einzugehen. Vor diesem Hintergrund scheint es schon etwas verwunderlich, weshalb Kohl in der "Bild"-Zeitung darauf besteht, dass wir uns das Unvorstellbare nicht vorzustellen brauchen, da es ohnehin unvorstellbar sei. Kohlsche Logik eben.

In Deutschland habe sich durch die Ereignisse in Japan "erst einmal und unmittelbar gar nichts verändert", schreibt Kohl unter der Überschrift "Warum wir die Kern-Energie (noch) brauchen". Und er fügt hinzu, dass "die Kernenergienutzung in Deutschland durch das Unglück in Japan nicht gefährlicher geworden ist, als sie es vorher schon war". Er schreibt in seinem Gastbetrag wohlgemerkt nicht von der "Stromgewinnung aus Atomkraft" und spricht auch nicht vom "atomaren Super-Gau" in Japan. Es ist ja nur ein Unglück - also das Gegenteil von Glück - was da in Japan geschieht und keinesfalls zur "berühmten Rolle rückwärts" in Deutschland führen dürfe.

Kohl weist den Weg

Kohl erklärt den "Bild"-Lesern, dass die "Naturkatastrophe in Japan und die Folgen für die japanischen Atomreaktoren" ihn zwar fassungslos machten, "dennoch dürfe das Unglück nicht den Blick für die Wirklichkeit verstellen". Die Folgen seien "wirklich schrecklich für die Reaktoren". Das stimmt. Bislang hatte man immer nur Sorgen um die Menschheit und die Natur. Aber Kohl ist nicht nur zynisch, er setzt sich auch mit der Wirklichkeit auseinander. "Die Wirklichkeit ist: Deutschland ist nicht Japan. Japan ist nicht Deutschland." Dieser Satz sei weder banal noch zynisch, er weise den Weg, so Kohl.

Mit seinem Plädoyer für die Atomkraft setzt sich Kohl von Bundeskanzlerin Angela Merkel ab, die die erst kürzlich beschlossene Verlängerung der AKW-Laufzeiten zur Disposition stellte. Dank Wirtschaftsminister Rainer Brüderle wissen wir aber, dass wir die angedeutete Kehrtwende in der Atompolitik gerne als Wahlkampftaktik abtun dürfen. Immerhin hat sich die Kanzlerin vor dem obersten Souverän dieses Landes verneigt, dem Wähler. Denn der wendet sich ab von einer Technologie, deren nie bestrittenes Restrisiko in Fukushima verheerende Wirklichkeit wurde.

Helmuts Kohls Lehre aus Japan heißt, "dass wir akzeptieren, was in Japan passiert ist". Das sei zwar schrecklich, "aber - in aller Brutalität - es ist auch das Leben. Das Leben ist ohne Risiken nicht zu haben", schreibt Kohl und resümiert, Risiken gehörten zum Alltag wie Wind, Wasser und Sonne.

Man kann es gar nicht oft genug sagen: "Danke, Helmut!"

Quelle: ntv.de

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