Kommentare

Zwischenruf Was Jupiter erlaubt ist ...

Staatsgrenzen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Da marschiert Russland munter in Georgien ein, nachdem das Land zwar nicht Russland selbst, aber doch immerhin dessen Staatsbürger in Südossetien angegriffen hatte. Da kuppelt sich eine Provinz wie das Kosovo vom serbischen Staatsverband ab, erklärt sich unabhängig, verletzt damit UN-Sicherheitsratsbeschlüsse wie die Helsinki-Schlussakte und wird dafür auch noch mit Anerkennung belohnt. Da überfällt die kolumbianische Armee einen Guerillastützpunkt im benachbarten Ecuador und außerhalb Lateinamerikas nimmt kaum jemand daran Anstoß.

Nun überschreiten die US-Streitkräfte in Afghanistan seit Monaten die Grenze zu Pakistan, weil sich dort mittlerweile nicht nur das Rückzugsgebiet, sondern der Hauptstützpunkt der Taliban befindet. Denen Grenzen ja auch so ziemlich Wurst sind. Nicht, dass sich Islamabad früher daran sonderlich gestört hätte, aber in den vergangenen Tagen haben die Angriffe massiv zugenommen. Doch jetzt ist nicht mehr General Pervez Musharraf Präsident, sondern Asif Ali Zardari, und der hat mit Yousaf Raza Gillani einen agilen Premier an seiner Seite.

Pakistan droht zurückzuschießen

Kaum, dass US-Generalstabschef dem Ministerpräsidenten und Armeechef Ashfaq Parvez Kayani am Mittwoch hoch und heilig versprochen hatte, sein Land werde die Souveränität Pakistans künftig respektieren, bombardiert die US Air Force am Donnerstag wieder Stellungen der Koranschüler und der mit ihnen verbündeten Terrororganisation Al-Kaida in den nordwestlichen Provinzen. Die Atommacht Pakistan droht der Atommacht USA, ab jetzt werde seine Armee zurückschießen. Damit hat der Konflikt eine bislang nie da gewesene Stufe der Eskalation erreicht. Die Entwicklung in der Region seit dem Einmarsch in Afghanistan zeigt, dass der Konflikt nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden kann, selbst wenn diese von ziviler Aufbauarbeit begleitet werden. Die an der Mission beteiligten Länder stehen vor einem politischen Scherbenhaufen. Osama bin Laden und Mullah Omar lachen sich in das Fäustchen und laden mit dem anderen die Kalaschnikow durch.

Die Bundesregierung sollte im Lichte dieser Tatsache ihre Rolle in dem Krieg, und um nichts anderes handelt es sich, überdenken. Zuvörderst wäre sie gut beraten, in Washington die Respektierung der Souveränität Pakistans anzumahnen. So wie sie es im Falle Georgiens in Moskau getan hat. Es sei denn, die Große Koalition hält im Sinne des alten Sinnspruchs George W. Bush für Jupiter, dem alles erlaubt ist, und das Gespann Medwedew-Putin für Rindviecher, die sich nichts erlauben dürfen. "Quod licet Iovi, non licet bovi" oder Völkerrecht, das ist hier die Frage.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen