Zwischenruf Wo Jesus drauf steht ...
28.02.2007, 17:49 UhrVon Manfred Bleskin
Wo Jesus draufsteht, muss nicht immer Jesus drin sein. Aber es könnte sein. Darauf baut der neue Film von Starregisseur James Cameron auf. Nach allem, was bislang bekannt wurde, scheint es ein spannender Film zu sein. Was Cameron da zeigt, ist nicht neu. 1980 wurden die Ossuarien mit den eingeritzten Aufschriften Yeshua bar Yahosef (Jesus, Sohn des Josef), Yahosef (Josef), Yehuda bar Yeshua (Judah, Sohn des Jesus) und Mariamne e Mara (Maria Magdalena) im Jerusalemer Stadtteil Talpiot entdeckt. Dann verschwanden sie in den Archiven der Israelischen Altertümerbehörde, bis ein israelischer Archäologe um Mitte der neunziger Jahre Zugang zu den Artefakten erhielt. Unzählige Male sind seither ? wie auch davor ? Theorien strapaziert worden, die versuchen, die offiziellen Evangelien zu widerlegen.
Die aber sind so anfechtbar wie die Apokryphen über die Geburt, das Leben, das Sterben und die Wiederauferstehung des Zimmermanns aus Galiläa. Die zahllosen Berichte, die nach Jesu Tod kursierten, wurden in einem Prozess zur Heiligen Schrift zusammengefasst, der rund ein Vierteljahrhundert dauerte. Für die römisch-katholische Kirche war die Kanonisierung gar erst auf dem Konzil von Trient abgeschlossen, das dazu wiederum von 1545 bis 1565 brauchte. Dabei ging man nach dem Schema vor: die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Mit anderen Worten: Was den Prälaten machtpolitisch in den Kram passte, fand Eingang in das Neue Testament, was nicht, blieb außen vor.
Dies gilt sinngemäß auch für jüngere Theoreme, wobei mit dem um sich greifenden Kapitalismus immer mehr die Vermarktungsfähigkeit in den Vordergrund rückte. Die kritische Exegese geht davon aus, dass die Texte nur vor ihrem historischen Hintergrund und in ihrer spezifisch literarischen Erzählweise verstanden werden können.
Zwar gibt es historische Beweise, dass Jesus von Nazareth gelebt hat. Davon seien hier nur Cornelius Tacitus (ca. 52-54 n. Chr.) und Flavius Josephus (37/38 bis ca. 100 n. Chr.) erwähnt, die übereinstimmend berichten, dass Pontius Pilatus den Christus hinrichten ließ. Drum sollten wir uns nicht um Kaisers Bart streiten. Alle Filme und Bücher über INRI sollten ? frei nach Jesus ? den Gläubigen lassen, was der Gläubigen ist. Die Gläubigen wiederum sollten den Filmemachern ihre Freude lassen. Das Christentum existiert nun schon mehr als zweitausend Jahre, und es werden wohl weitere Folgen. Wer glaubt, den erschüttert kein Buch oder Film.
Die Gedankenwelt, die sich um den "rex iudeaeorum" rankt, also ist ein rein menschliches Produkt. Würden aber die frohen Botschaften der Bergpredigt Wirklichkeit, wahrlich wir würden im Paradiese leben.
Quelle: ntv.de