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Zwischenruf Zur Selbstkritik nicht fähig

Wenn der US-Präsident andernorts Demokratie und Menschenrechte gefährdet sieht, ist er rasch zur Stelle. Da geigt er seinem chinesischen Amtskollegen Hu Jintao per Telefon - zu Recht - mal eben die Meinung wegen dessen Vorgehen in Tibet. Kritik an seiner eigenen Politik hingegen hat George W. Bush nicht so gern. Und zu Selbstkritik scheint er nicht fähig zu sein.

Fünf Jahre nach Beginn der Invasion im Irak sagt er, der Krieg sei es "absolut" wert gewesen. 4.000 tote US-Soldaten, irakische Ziviltote, deren Zahl bis auf eine Million geschätzt wird, mehr als fünf Millionen Flüchtlinge im Irak selbst und in Nachbarländern. Drei Billionen Dollar hat der Krieg die USA bislang gekostet, das waren 5.000 Dollar pro Sekunde. Die US-Wirtschaft ist in eine Rezession geschlittert, der Dollar ist auf Talfahrt. George W. Bush leidet entweder an Realitätsverlust oder vertritt Wertvorstellungen, die der Verfassung seines Landes diametral entgegenstehen. Schließlich hat auch er geschworen, die "Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften ... (zu) ... erhalten, ... (zu) ... schützen und ... (zu) ... verteidigen".

Chaotischer denn je

Die Lage im Irak ist fünf Jahre nach Kriegsbeginn chaotischer denn je. Bildungs- und Gesundheitswesen liegen am Boden, die Diskriminierung religiöser Minderheiten und der Frauen feiert fröhliche Urständ. Das Zweistromland ist zum Tummelplatz des islamistischen Terrorismus geworden, der Machtkampf zwischen den Schiiten in Bagdad und im Süden wieder voll entbrannt. Auch die Kämpfe im so genannten sunnitischen Dreieck sind trotz der Zusammenarbeit einiger Stammesführer mit der Besatzungsmacht keineswegs beendet. Selbst die "Grüne Zone" der Hauptstadt ist unverändert Ziel von Angriffen. Lediglich im kurdischen Norden erscheint die Situation vergleichsweise beruhigt, zumindest solange die Türkei nicht wieder - mit Billigung der US-Administration - einmarschiert.

All dies ist für Bush "nobel", "gerecht" und "notwendig". Eigentlich gilt, dass im Krieg zuerst immer die Wahrheit stirbt. Im Falle des Irak war die Wahrheit schon vor Beginn des Krieges tot.

Quelle: ntv.de

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