Person der Woche

Person der Woche: Hendrik Wüst Das politische Geheimnis um die Merkel-Orden

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Nach dem Bundespräsidenten verleihen nun auch Hendrik Wüst und Markus Söder hohe Orden an Angela Merkel. Was bedeutet die politische Machtsymbolik? Sind das versteckte Spitzen gegen Friedrich Merz? Wer hält im Rennen um die Kanzlerkandidatur die Trümpfe in der Hand?

Orden kann man sich normalerweise erdienen, erdienern oder erdinnern. Im Fall von Angela Merkel geht es ums Erinnern, und zwar in doppelter Weise - an die Altbundeskanzlerin und an diejenigen, die ihr Orden verleihen. Vor Kurzem bekränzte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sie mit der höchstmöglichen Auszeichnung - dem Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausfertigung. Steinmeier überschüttete Merkel im Schloss Bellevue mit Lob und zelebrierte damit auch seine eigene Zeit als ihr Vizekanzler und Außenminister in der Großen Koalition. Der "Tagesspiegel" kommentierte daraufhin lakonisch: "Ein Orden für zwei".

Nun verleiht NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst ihr den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen. Ebenfalls die höchste Auszeichnung, die man dort zu bieten hat. Und auch hier wirkt der Orden reziprok. Merkel soll als "große Staatsfrau, die mit großer Demut auf ihren eigenen Weg blickt", für ihre "außergewöhnlichen humanitären Leistungen", ihre "herausragenden Verdienste", ihre "Vorbildfunktion als erste Bundeskanzlerin" gewürdigt werden. Zugleich aber soll der Orden auch Hendrik Wüst in Szene setzen: als einen weitblickenden Landesvater, den der Mantel der Merkel-Geschichte umweht und der sich als Mann der Mitte positioniert.

Seitenhieb gegen Friedrich Merz?

"Hendrik greift nach dem Gral der heiligen Angela, der ewige Macht verspricht", witzelt ein CDU-Präsidiumsmitglied. Viele sehen in dem Ordensspektakel, das heute Nachmittag in Köln stattfindet, auch einen kaum verdeckten Seitenhieb gegen den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Der Kampf um die Kanzlerkandidatur der Union sei damit demonstrativ eröffnet.

Dieser Eindruck wird beinahe grotesk dadurch verstärkt, dass nun auch Markus Söder Merkel einen Orden verleihen wird. Am 21. Juni soll sie auch noch den bayerischen Verdienstorden bekommen - in der Münchner Residenz, aus den Händen des CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten. "Jenes Markus Söder, der im Landtagswahlkampf 2018 beschlossen hatte, auf Merkel als Wahlkämpferin zu verzichten", erinnert der "Münchner Merkur" süffisant.

Da Orden seit der Pharaonen-Zeit Machtinstrumente der Symbolpolitik sind, verfolgen Steinmeier, Wüst und Söder mit ihren drei Merkel-Orden natürlich auch klare politisch-persönliche Ziele. Steinmeier will sein politisches Erbe sichern, Wüst will seine Basis verbreitern und Söder will Integrität gewinnen - und einen telegenen Wahlkampftermin. Alle drei streben damit zudem nach Reputationsabglanz und Autoritätswirkung. Das dürften sie mit den Orden auch bekommen.

Hendrik Wüst verleiht Angela Merkel heute Nachmittag den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen.

Hendrik Wüst verleiht Angela Merkel heute Nachmittag den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Foto: dpa)

Kanzler will Wüst vorerst nicht werden

Doch die K-Frage in der Union wird nicht im Ordensmenuett entschieden. Hendrik Wüst hat in Wahrheit gar keine Absicht, in dieses Rennen einzutreten. Aus seinem direkten Umfeld ist zu hören, dass Wüst die Aura des Kandidatenkandidaten zwar für sein politisches Ansehen zu nutzen wisse, zugleich aber keinesfalls "Laschet 2" werden wolle. Er wisse, dass ein Ministerpräsident, der in seiner ersten Legislatur zum Absprung ansetze, verloren sei.

Tatsächlich ist Wüst erst seit einem Jahr Ministerpräsident. In seiner Karriere hat er sich bislang keinerlei bundespolitische Ambition oder außenpolitische Kompetenzen erarbeiten können. Die Kanzlerkandidatur eines Unerfahrenen wäre wie die Beförderung eines Lokführers zum Jetpiloten. Und mit seinen erst 47 Jahren kann Wüst in Ruhe auf seine Chance warten.

Und auch Markus Söder wird kein zweites Mal nach der Kanzlerkandidatur greifen. Zwar trauen viele seinen Dementis nicht wirklich, und seien sie noch so klar: "Ich stehe nicht zur Verfügung"; "für mich ist das Thema erledigt"; "meine Lebensaufgabe ist Bayern". Zudem steht Söder vor einem klaren Wahlsieg im Herbst, der seine bundesweite Strahlkraft erhöhen dürfte. Doch Söder hat ein anderes Problem. Er würde - selbst wenn er doch noch wollte und die Umfragen ihn trügen - von der CDU nicht mehr gerufen. Zu tief sitzt innerhalb der CDU der Ärger über den letzten Bundestagswahlkampf und die Rolle, die Söder dabei gespielt hat.

Die K-Frage ist längst entschieden: Merz macht's

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In Wahrheit ist die K-Frage der Union langweiliger als man ahnt, denn sie ist bereits entschieden: An Friedrich Merz führt kein Weg vorbei. Merz hat die machtpolitischen Fäden alleine in der Hand. Er ist Partei- und Fraktionsvorsitzender in einer Person. Er ist der unumstrittene Oppositionsführer im Bundestag wie in Talkshows und hat obendrein auch eine enorme innerparteiliche Legitimation, weil er von der Parteibasis direkt gewählt wurde. Jeder Konkurrent um die Kandidatur würde in dieser Konstellation als Putschist wirken.

Für Merz spricht zudem, dass er die tief verwundete Partei nach dem Wahldebakel von 2021 erstaunlich kraftvoll und harmonisch wieder aufgebaut hat. Die CDU liegt in den bundesweiten Umfragen wieder weit vor allen Konkurrenten. Und sie gewinnt unter seiner Führung auch Wahlen. Sie hat die Urnengänge im nördlichsten (Schleswig-Holstein) im größten (NRW) und im für die Union schwierigsten Bundesland (Berlin) gewonnen. In Bremen ist der Wiedereinzug in die Regierung zumindest möglich. Auch für Hessen, wo am 8. Oktober gewählt wird, sieht es gut aus. Das Comeback der Volkspartei unter geschickter Einbeziehung aller Flügel wird Merz innerhalb der CDU hoch angerechnet. Die Kanzlerkandidatur ist ihm daher kaum zu nehmen - jedenfalls nicht über Ordensverleihungen an Angela Merkel.

Quelle: ntv.de

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