Snowden erhält Asyl in Russland "Amerika als böser Bube"
01.08.2013, 21:40 Uhr
Seit über einem Monat sitzt einer der meist gesuchtesten Männer der Welt auf dem Flughafen Scheremetjewo fest. Nun erhält Edward Snowden Asyl von Russland. Die Presse diskutiert, ob ein neuer Eiserner Vorhang zwischen Russland und Amerika fallen könnte.
Die Welt schreibt: "Alles hat seinen Preis. Das gilt auch für das vorläufige Asyl, das Edward Snowden in Putins Russland gewährt wird. In Geheimdienstkreisen muss man liefern, um etwas zu bekommen." Es sei wichtig, zu verhindern, dass die technischen Fertigkeiten auf immer den moralisch-politischen Fähigkeiten davoneilten. Wenn etwas technisch möglich sei, werde es früher oder später auch Wirklichkeit, meint das Blatt und fragt, ob ein Verhaltenskodex eine Lösung sein könnte. "Und wer sollte über die Wächter wachen? Wer dürfte, wer müsste auf Informationsdominanz verzichten?"
Der US-Geheimdienst NSA behauptet, seine Schnüffel-Aktivitäten dienen allein einem Ziel: der Verteidigung der Freiheit. Das Straubinger Tagblatt sieht dies skeptisch. "Solange die USA nicht bereit sind, die Karten auf den Tisch zu legen, bleibt vieles im Bereich der Spekulation." Klar ist für das Blatt nur: International, aber auch national wachse der Druck auf die Regierung von Barack Obama. Der versuche, in die Offensive zu kommen, verordne der NSA mehr Offenheit, meint die Zeitung. "Deren Chef Keith Alexander beschwichtigt, dementiert, will Hacker für den Anti-Terror-Kampf gewinnen." Doch diese PR-Strategie werde scheitern.
Moskau werde sich nun als Beschützer eines Bürgerrechtlers darstellen, dem in seiner Heimat schwerste Strafen wegen Geheimnisverrats drohen, schreibt die Süddeutsche Zeitung. "Vertauschte Rollen also: Amerika als böser Bube, der im Westen wegen seines Überwachungswahns am Pranger steht. Und Russland als rettende Oase für einen Gehetzten, den der Westen zwar irgendwie mutig findet, aber doch lieber nicht bei sich haben will." In Russland mag Snowden zwar sicher sein, aber nicht frei, befürchtet das Blatt. Der Amerikaner werde wahrscheinlich scharf kontrolliert. "Und er wird wohl nur äußern können, was Moskau international nicht schadet. Sonst könnte Russland ihn schnell rauswerfen."
Snowden bleibt laut der Nürnberger Nachrichten neben Russland nur noch Ecuador, Venezuela und Nicaragua als Zufluchtsstätten - Länder, in denen die Menschenrechte, die Presse- und Informationsfreiheit mit Füßen getreten würden. Die EU tue so, "als sei es das Normalste der Welt, dass ein Mann, der zur Verteidigung unserer Freiheit einen enorm hohen persönlichen Preis bezahlt", sich zweifelhaft Politikern wie Wladimir Putin ausliefern müsse. Das sei ein Armutszeugnis für die EU, die gerne von sich als Raum des "Rechts und der Freiheit" spreche.
Snowden werde sich kaum Illusionen hingeben, meint die Badische Zeitung aus Freiburg. "Er bleibt ein Spielball der internationalen Politik. Genauer: ein Ass im Ärmel von Russlands Präsident Wladimir Putin." Das Schicksal des Ex-Geheimdienstlers hänge weiter davon ab, ob Putin die USA ärgern oder sich mit Washington arrangieren wolle. Putin scheine sich vorerst für Ersteres entschieden zu haben. "Damit bleibt Snowden, dem die US-Regierung Geheimnisverrat vorwirft, dem Zugriff der US-Behörden entzogen. Das kann man, so komplex der Fall Snowden sein mag, nur begrüßen."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Lisa Schwesig