Pressestimmen

Guttenberg tritt zurück "Begabung genug für ein Comeback"

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(Foto: dpa)

Karl-Theodor zu Guttenberg erkennt spät, dass er seine Glaubwürdigkeit verspielt hat. Doch nun zieht er endlich die Konsequenzen aus den Plagiatsvorwürfen. Ein großes politisches Talent verlässt die Bühne. Rückkehr nicht ausgeschlossen, sondern sehr wahrscheinlich,urteilt nicht nur n-tv.de.

"Karl-Theodor zu Guttenberg ist an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert", konstatiert die Badische Zeitung. "Der Senkrechtstarter hat seine hohe Glaubwürdigkeit verspielt, weil er in der Plagiatsaffäre den reuigen Sünder gab, ohne es zu sein." Offenbar habe die Empörung Tausender Studierenden und Wissenschaftler dem Verteidigungsminister am Ende doch gezeigt, dass er die Affäre nicht mehr aussitze könne, dass sie seine Kräfte überfordere, meint das Blatt aus Freiburg. "Der Rücktritt kam spät und hinterlässt Schaden. Er stoppte jäh die Karriere eines großen politischen Talents, das sich selbst keine Chance gab zu reifen. Gerne ließ er sich zur Projektionsfläche für Sehnsüchte nach einem zupackenden, ehrlichen Staatsmann machen. Was bleibt, sind respektable Ansätze, aber kein zu Ende gebrachtes Projekt. Ob Guttenberg mit Abstand eine zweite Chance erhält, wird davon abhängen, welche Lehren er und seine Partei aus diesem Fall ziehen."

Guttenberg ist "weder Opfer noch Märtyrer", stellt die Landeszeitung klar, denn "Diebstahl geistigen Eigentums ist keine Lappalie. Weder in der Wissenschaft noch anderswo. Zeitungsverleger versuchen sich zur Wehr zu setzen gegen massenhafte Abkupferei von Inhalten im Internet. Vergeblich, weil es kein wirksames Gesetz zum Schutz des Urheberrechts gibt." Und beobachtet man das Verhalten der Kanzlerin werde es so schnell wohl auch keins geben: "Angela Merkel ist es nach eigenem Bekunden ja darum gegangen, einen Minister einzustellen und keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter. Sie hat durch ihre - mit Verlaub dämliche - Bemerkung entscheidend zur Unhaltbarkeit zu Guttenbergs im Amt beigetragen." Es sei schade um den "vielversprechenden Politiker. Aber er ist noch jung, sein Comeback schon von daher nicht ganz unwahrscheinlich."

Auch die Badischen Neuesten Nachrichten sehen in dem Rücktritt des Verteidigungsministers nicht "das Ende des politischen Menschen Guttenberg" und ziehen einen Vergleich mit Frankreich: "Französischen Präsidenten sagt man nach, dass sie erst dann richtig groß werden, wenn sie einmal eine Wüste durchschritten haben." Zu Guttenberg ist 39 Jahre alt, andere hätten ähnliche Rückschläge erlitten. "Guttenberg hat Begabung genug für ein Comeback."

"Guttenberg ging spät, am Ende aber wohl aus eigenem Entschluss", schreiben die Stuttgarter Nachrichten und sind darüber hinaus ebenfalls der Meinung, dass er "sich einen Rest an Souveränität bewahrt" habe - und "so vielleicht eine zweite Chance" verdiene. "Die vom Rücktritt aufgeschreckte Kanzlerin aber hat mitten im Superwahljahr die Scherben der Affäre aufzusammeln. Sie muss rasch einen Nachfolger präsentieren, der der anstehenden Bundeswehrreform gewachsen ist, für die Guttenberg wichtige Vorarbeiten geleistet hat. Das Vorhaben ist heikel. Gerade hatte die Regierung Tritt gefasst, jetzt droht ein Postenschacher, in dem Eifersüchteleien zwischen CSU und FDP neu ausbrechen könnten."

Die Cellesche Zeitung übt Kritik an der Art und Weise des Rücktritts: "Guttenberg hätte vor allem gut daran getan, am Ende allein die Verantwortung für sein Scheitern zu übernehmen und nicht den Aufklärungsdruck der Medien, derer er sich sonst so gern und oft bediente, zu beanstanden." So habe der Minister in der Plagiatsaffäre "ein beschämendes Bild abgegeben". Aber auch die Opposition bekommt ihr Fett weg: "Die Art und Weise, in der die Opposition versuchte, Profit aus dessen Verfehlung zu ziehen und den konservativen Überflieger mit allen Mitteln ins Abseits zu stellen, war der politischen Kultur im Land unwürdig. Dass die Bürger dieses Ansinnen durchschaut haben, zeigen die Umfragewerte." Fazit: Es dürfe daher bezweifelt werden, "dass der Rücktritt wirklich das Ende der politischen Laufbahn von Karl Theodor zu Guttenberg markiert".

Auch die Kieler Nachrichten beanstanden Karl-Theodor zu Guttenbergs Rücktrittsrede: Er "scheint auch jetzt noch nicht begriffen zu haben, warum die Rückgabe des Doktortitels nicht ausreichte, um als Minister wieder durchstarten zu können. Es geht eben nicht um eine private Verfehlung, wie sie jedem einmal passieren kann. Es geht um eine grundsätzliche Frage der Ethik: Darf ein Mann, der für seine wissenschaftliche Karriere nachweislich getäuscht hat, Minister sein?" Das Blatt kennt darauf eine eindeutige Antwort: "Er darf es nicht. Weil der Mensch gemessen wird, wie es Kurt Biedenkopf treffend sagt. Nicht das Amt. Diese Einsicht hat der 39-Jährige (…) nicht gezeigt, als er in seiner mit Pathos überladenen Abschiedserklärung den überfälligen Schritt verkündete."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger

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