Pofalla wechselt zur Bahn "Beleg für anrüchige Sitten"
03.01.2014, 20:32 Uhr
Die Presse diskutiert über aktuelle Themen.
Überraschend ist Ex-Kanzleramtsminister Pofalla als künftiger Bahn-Vorstand im Gespräch. In seinem Wahlreis Kleve wurde er vor kurzem in den Bundestag gewählt. Das lässt Rufe nach schärferen Regeln lauter werden, wenn Politiker die Seiten wechseln.
Was sagt dieser Wechsel in den Vorstand der Deutschen Bahn aus? Alles!", empört sich der "Nordkurier" aus Neubrandenburg. "Dass trotz eines Vollzeitjobs als Abgeordneter noch genügend Freiräume bleiben, um eine weitere Aufgabe auszufüllen. Oder aber, dass man bei beiden Stellen ein Heidengeld verdient, aber gar nicht 100 Prozent arbeiten, leisten und anwesend sein muss, was einer Ungeheuerlichkeit glich. Wer seither von einer zunehmenden Verrohung der Sitten in der Politik sprach, sie aber nur schlecht veranschaulichen oder beweisen konnte, findet nun im ehemaligen Kanzleramtsminister ein Paradebeispiel für vielerlei Negatives unter der Reichstagskuppel. Et voilà!"
Genauso empört ist die "Nordsee-Zeitung" aus Bremerhaven. "Geht's noch?", wettert sie, "die Causa Pofalla offenbart einen atemberaubenden Mangel an Instinkt und beschädigt die politische Klasse insgesamt, die sich sonst gern - und oft zu Recht - über ihr unverdient schlechtes Ansehen beschwert. Auf der anderen Seite wird die Bahn wenig Freude an der Personalie haben. Jedem, der künftig ihre Züge benutzt, muss klar sein, dass er damit das Gehalt von Ronald Pofalla finanziert. Ein Imagegewinn sieht anders aus."
Die "Neue Osnabrücker Zeitung" befürchtet, dass Pofallas voraussichtlicher Schritt vom Kanzleramt in den Vorstand der Bahn die Politikverdrossenheit stärkt. "Ronald Pofallas Wechsel ist ein weiterer Beleg für anrüchige Sitten. Erneut entsteht der Eindruck, Insiderwissen und gute Kontakte seien käuflich und Deutschland werde von Lobbyisten zumindest mitregiert."
Die "Westfälische Nachrichten" aus Münster nehmen Bahn-Chef Gruber für seine scheinbare Entscheidung in Schutz: "Politischer Lobbyismus ist die persönliche Sache von Bahn-Chef Grube nie gewesen; sich hier besser aufzustellen - bis 2009 gab es dafür bereits einen Vorstandsposten - liegt also im Interesse des Staatsunternehmens Bahn. Die Zeitung betont aber, dass "sein Bundestagsmandat dafür abzugeben, sollte allerdings Pofallas vornehmste und erste Amtshandlung sein."
Eine Karenzzeit sieht auch die "Die Rheinpfalz" aus Ludwigshafen als unvermeidlich: "Wenn ein Politiker ohne Wartezeit einen Posten in der Wirtschaft annimmt, gibt es Interessenkonflikte. Ganz abgesehen davon, dass solche Wechsel schon während der Amtszeit eingefädelt werden. Es ist deshalb dringend notwendig, eine Karenzzeit einzuführen, zumindest in jenen Fällen, in denen es einen Zusammenhang mit dem bisherigen Job gibt."
Zusammengestellt von Anna Veit
Quelle: ntv.de