Debatte um Pendlerpauschale "Beruhigungspille fürs Wahlvolk"
02.04.2012, 20:32 UhrWenn Wahlkampf und Rekord-Benzinpreise aufeinandertreffen, darf eines nicht fehlen: die Debatte um die Pendlerpauschale. Einige Politiker schmieren den Wählern jetzt Honig ums Maul und sprechen sich für eine Erhöhung aus. Davon hält die Presse nichts. Sie sieht andere Lösungen.
Nichts als Wahlkampf vermutet der Kölner Stadt-Anzeiger hinter der aktuellen Diskussion: "Sobald sich der Benzinpreis kräftig nach oben bewegt, beginnt eine Debatte über die Höhe der Pendlerpauschale. Das gilt umso mehr, wenn gerade Wahlen vor der Tür stehen. Und üblicherweise setzt sich die Partei am stärksten für die Pendler ein, die den meisten Rückenwind für die Wahlen nötig hat. Jetzt liegt der Preis für bei 1,70 Euro, die FDP bei 1,2 Prozent und Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen stehen bevor. Fertig ist die neue Debatte."
"Wenn saftige Spritpreise auf hitzige Wählkämpfe treffen, dann kennen die Populisten kein Halten mehr", weiß auch die Ludwigsburger Kreiszeitung. "Rauf mit der Pendlerpauschale um zehn, ach was, um 15 Cent, zumindest um einen 'maßvollen' Betrag." Mit solchen Aussagen machen vor allem CDU, Linke und FDP aktuell auf sich aufmerksam, also genau jene Parteien, "die alles andere als gelassen auf die bevorstehenden Urnengänge in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen blicken können. Die einen müssen um ihre Regierungsteilhabe bangen, die anderen um ihre parlamentarische Existenz. Da schmiert man dem Wähler gern Honig ums Maul."
Die Wetzlarer Neue Zeitung ist empört über die Wendehalsigkeit der Liberalen: "Wenn der Staat wirklich etwas gegen die unersättliche Gier der Ölmultis tun will, dann sollte er massiv alternative Motoren wie den Wasserstoffantrieb fördern. Das wiederum will aber ausgerechnet die FDP nicht, die bei der Öko-Energie am festesten auf die Bremse tritt. Da sind staatliche Subventionen plötzlich des Teufels - während sie beim Benzin als Allheilmittel gepriesen werden. Für wie dumm will man uns eigentlich verkaufen?"
"Eine Erhöhung der Pendlerpauschale nur eine Beruhigungspille fürs Wahlvolk, weiße Salbe ohne Wirkung, die die Macht der Konzerne stärkt, statt die Strukturen ändert." Dass sei ein Wettlauf, den die Politiker nicht gewinnen können, meint der Mannheimer Morgen, denn "die Zeit des billigen Öls ist endgültig vorbei". Das sei zwar hinreichend bekannt, ziehe aber keine Konsequenzen nach sich. Dabei könne jeder einzelne seinen Beitrag leisten: "Ein Großteil aller Autofahrten findet unverändert innerorts statt, da könnte auch mal aufs Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr umgestiegen werden. Steigende Benzinpreise sind ein Ärgernis. Aber es gibt ein probates Mittel, der Abzocke an der Zapfsäule ein Schnippchen zu schlagen - indem man sein Verhalten ändert."
Dass beständig steigende Energiepreise durch eine Pendlerpauschale abgefangen werden können, hält auch der Wiesbadener Kurier für "blanke Illusion". Vielmehr müsse der Staat konsequent die Energiewende vorantreiben. Dazu gehöre auch der Verkehr. Das bedeutet: "Dem Autofahrer bleiben nur energiebewusstere Alternativen, Fahrgemeinschaft, Nahverkehr, sparsameres Auto. Ein schwacher Trost einstweilen - aber der einzige."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki