Pflegereform dringend notwendig Betroffene brauchen "Grundvertrauen"
29.11.2011, 21:04 UhrDeutschland braucht eine schnelle Reform der Pflegeversicherung. Das legt der Pflegereport der Barmer GEK nahe. Das wenig populäre Thema sei von der Politik viel zu lange aufgeschoben worden, meint die Presse. Sie fordert von ihr verlässliche Beschlüsse, die Betroffenen und Angehörigen Sicherheit geben. Vor allem aber müsse die Gesellschaft endlich anerkennen, was Pflegende leisten.
"Zu einer durchgreifenden Reform der Pflege gehört nicht nur Geld, sondern eine geänderte Einstellung in der Bevölkerung zu pflegebedürftigen Mitmenschen", kommentiert die Nürnberger Zeitung und fordert darüber hinaus eine Aufwertung der Arbeit mit den Patienten: "Doch das allein reicht noch nicht aus. Hinzukommen muss ein höherer sozialer Stellenwert der Pflegenden. Es ist nicht zu begreifen, warum Ärzte im gesellschaftlichen Ansehen ganz oben rangieren, Krankenschwestern und Altenpfleger aber bei weitem nicht einen ähnlichen Status genießen."
"Weil Demenz noch in keiner Kategorie der Pflegebedürftigkeit erfasst ist, gibt es auch keinen Anspruch auf professionelle Hilfen. Die Folgen sind überlastete Angehörige, die sich in Selbsthilfegruppen organisieren, um in ihrem eigenen Alltag noch über die Runden zu kommen." Die Rhein-Zeitung erhebt Vorwürfe gegen die Politik: "Die Bundesregierung hat das unpopuläre Thema, das natürlich mit hohen Kosten verbunden ist, viel zu lange vertagt." Auch das Blatt aus Koblenz/Mainz hält einen Aufbruch der gesellschaftlichen Tabuisierung für nötig: "Während um ein Konzept für die Pflegereform nun noch eine gute Weile gestritten werden wird, würde es den Angehörigen und den Erkrankten in der Zwischenzeit helfen, wenn sie wenigstens gesellschaftlich nicht länger ausgeschlossen würden. Vereinsamung ist nämlich der hässlichste Nebeneffekt dieser Krankheit."
Pflege geht uns alle an, lautet der Tenor der Neuen Presse aus Hannover: "Pflege ist eine Lebensphase, auf die wir uns vorbereiten müssen. Schon in der Phase der Berufstätigkeit werden wir in Zukunft die nötigen Weichen stellen müssen, wo und wie wir im Alter leben wollen. Die Hoffnung, dass mehr Geld für die Pflegekassen schon die Lösung aller Probleme wäre, ist trügerisch. Natürlich fehlt an manchen Stellen Geld, etwa für die Betreuung der wachsenden Zahl von Demenzkranken. Der Zuschlag, den die Bundesregierung angekündigt hat, ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch viele Probleme sind nicht finanzieller Natur. Die Angst, nicht mehr selbstbestimmt leben zu dürfen, beispielsweise. Oder die Schwierigkeit, einen Job und die Pflege der Eltern unter einen Hut zu bringen."
Die Münsteraner Westfälischen Nachrichten pochen auf verlässliche Regelungen: "Der Expertenstreit über die Definition des Schlüsselbegriffs der Pflegebedürftigkeit oder den Sinn eines 'Pflege-Bahr' nach Riester-Muster muss endlich zu verlässlichen Ergebnissen und Beschlüssen führen. Mit Entscheidungen nach Kassenlage ist es hier nicht mehr getan. Gerade Pflegende und Pflegebedürftige brauchen in der ohnehin schwierigen persönlichen Situation ein Grundvertrauen ins System und eine Portion Sicherheit. Zurzeit herrscht aufgrund der Endlos-Debatten überwiegend Verunsicherung, Ratlosigkeit und Angst."
Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung begrüßen den Plan, den Pflegebegriff breiter zu fassen und Angehörige stärker zu unterstützen. "Auf tönernen Füßen steht allerdings die Finanzierung. Die von Bahr präferierte freiwillige Zusatzversicherung birgt die Gefahr, dass sich gerade diejenigen die Prämien 'sparen', die Vorsorge am nötigsten hätten. Es ist verständlich, dass der Minister vor Beitragserhöhungen zurückschreckt. Doch darauf wird es früher oder später hinauslaufen."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Nadin Härtwig