Wulffs Weihnachtsansprache "Das schafft Vertrauen"
24.12.2010, 00:01 UhrMit seiner Weihnachtsansprache wagt der Bundespräsident ein Experiment. Der überwiegende Teil der Presse findet lobende Worte für den im Amt noch etwas steif-trocken wirkenden Wulff. Aber auch wenn seine Idee, engagierte Bürger zur Rede ins Schloss Bellevue einzuladen, in Erinnerung bleibt, suchen manche nach dem konkreten Inhalt seiner Aussage.
Die Lübecker Nachrichten bewerten zwar Christian Wulffs Image "auch ein halbes Jahr nach Amtsantritt noch (als) etwas steif-trocken". Aber er habe mit seiner Weihnachtsansprache "ein kleines Experiment gewagt. Er lud zur Aufzeichnungen seiner erste Weihnachtsansprache diejenigen ins Schloss Bellevue, um die es geht: die Bürger. Zusammenhalt, Verständigung, Miteinanderauskommen im Großen wie im Kleinen: dafür wirbt Wulff. Um darauf die ganze Aufmerksamkeit zu lenken, tritt er zusammen mit vielen ehrenamtlich engagierten Mitbürgern auf, die das verkörpern." Für dieses Vorgehen findet das Blatt ein Kompliment: "Diese Weihnachtsansprache fällt aus dem Rahmen. Ihr Anliegen dürfte bei vielen haften bleiben."
Lobende Worte für Wulffs neue wie ungewöhnliche Idee wählt auch die Braunschweiger Zeitung. Das Blatt erinnert zunächst an die vorangegangenen Ansprachen: Sie "wirken nicht nur, aber doch zu einem ganz erheblichen Teil wie aus einer anderen Welt, die sich weit von den Menschen entfernt hat. Daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass eine Mehrheit der Bürger sich im Sinne des Wortes nicht mehr angesprochen fühlt." Christian Wulff habe sich jedoch auf eine "bürgernahe Idee" eingelassen, "die so einfach wie frappierend wirksam ist. Anders als seine Vorgänger hielt Wulff die Rede nicht vom Schreibtisch aus. Er machte ein kleines Bürgerfest daraus - und das schafft Vertrauen."
Weniger die Art als den Inhalt von Wulffs Weihnachtsansprache kommentiert der Mannheimer Morgen. Der Bundespräsident spinne "den roten Faden vom 3. Oktober konsequent weiter, wenn er dazu aufruft, die unterschiedlichen Kulturen anzuerkennen. Traditionen zu respektieren und Verständnis für Andersgläubige zu zeigen, ohne die Grundwerte der Aufklärung und unserer Verfassung in Frage stellen zu lassen das ist eine positive Botschaft, die mehr zum Fest des Friedens passt, als mit gängigen Ressentiments unterschwellige Ängste zu schüren." Somit sei Wulff für das Blatt "der wohltuende Anti-Sarrazin".
Die Heilbronner Stimme sucht indes nach der eigentlichen Aussage von Wulffs Worten. Sicherlich seien Weihnachtsansprachen "nicht unbedingt der passendste Anlass für kämpferische Worte. Niemand will schließlich das Volk so aufrütteln, dass hernach der Festtagsfrieden gestört wäre". Ein wenig konkreter hätte sich der Bundespräsident aber schon ausdrücken können, kritisiert das Blatt. "Was ist der Kern von Wulffs Botschaft? Solidarität, mehr Respekt vor dem nächsten. Wer wollte da widersprechen? Allzu spürbar ist in Wulffs Rede die Vorsicht, nirgendwo anzuecken. Da war Vorgänger Horst Köhler im Vorjahr, als es um Zivilcourage ging, um einiges mutiger."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger