Pressestimmen

Umstrittener Daten-Deal "Die Richtung stimmt"

Deutsche Steuersünder müssen zittern: Kanzlerin Merkel hat trotz Gegenwinds aus den eigenen Reihen ein Machtwort gesprochen und sich für den Ankauf gestohlener Bankdaten aus der Schweiz ausgesprochen. Ein Informant hatte der Bundesregierung eine Daten-CD mit 1500 mutmaßlichen deutschen Steuersündern zum Kauf angeboten. Der Preis: 2,5 Millionen Euro. Die Schweiz protestiert und will den deutschen Behörden keine Amtshilfe leisten.

Ein Informant hat den Steuerbehörden Bankdaten von bis zu 1500 Deutschen in der Schweiz angeboten.

Ein Informant hat den Steuerbehörden Bankdaten von bis zu 1500 Deutschen in der Schweiz angeboten.

(Foto: dpa)

Dass Merkel die vielstimmigen Bedenkenträger gegen einen Kauf der brisanten Schweizer Steuersünder-Datei mit einem Machtwort abblitzen lassen hat, sei "gut so", befindet die Mittelbayerische Zeitung aus Regensburg. "Es wurde aber auch Zeit. Die schwarz-gelbe Holper-Stolper-Koalition durfte sich ausgerechnet zum 100-Tage-Jubiläum nicht auch noch den fragwürdigen Titel Schutzpatron der Steuerhinterzieher ans Revers heften lassen. Merkel hat vor allem aus dem Bauch, will heißen aus einem Gerechtigkeitsgefühl heraus entschieden. Dass einige vorgepreschte No-Deal-Koalitionäre, von Kauder bis zu Guttenberg, nun ziemlich im Regen stehen, focht die Kanzlerin richtigerweise nicht an. Milde mit Steuerhinterziehern wäre das Letzte, was sich die Regierungschefin nachsagen lassen will."

Die Frankfurter Rundschau stellt erfreut fest: "Das ist Führung, wie sie Merkel so oft vermissen lässt". Denn: "Während ihre Partei diskutiert, legt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel fest und entscheidet die Frage kaufen oder nicht kaufen mit der klaren Ansage: Diese Chance darf sich der Staat nicht entgehen lassen. (…) Auf Trab gebracht hat sie der Wunsch, die Koalition vom Vorwurf der Klientelpolitik zu befreien. Aber unabhängig davon, welche Motive den Ausschlag gaben: Die Richtung stimmt."

"Das Gefühl vieler Bürger, es gehe in diesem Land nicht gerecht zu, nagt mehr am Rechtsstaat als jeder Datenkauf", konstatiert der Mannheimer Morgen. Wohl deshalb habe Merkel jetzt ein Machtwort gesprochen. "Nachdem sich das schwarz-gelbe Bündnis der Kritik ausgesetzt sieht, es betreibe Klientelpolitik, will die Kanzlerin allen Anschein vermeiden, die Koalition sei auch noch Schutzpatronin der Steuersünder. Die Botschaft ist klar: Wer hier brav seine Steuern zahlt, soll nicht der Dumme sein."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung kann sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: "Das zweite Machtwort der Kanzlerin an diesem Tag ­- so viele sprach sie in vier Jahren großer Koalition nicht ­- kommt dem mutmaßlichen Volkswillen dagegen weit näher als das Beharren auf eine Steuerermäßigung für FDP- und CSU-Wähler im Gastgewerbe. 'Wie jeder vernünftige Mensch' sei sie dafür, dass Steuerhinterziehung geahndet werde, sagte Frau Merkel. Dass wirklich 'alles versucht' werden müsse, wie sie meint, um an die offenbar gestohlen Daten von Bankkunden in der Schweiz heranzukommen, die der Steuerhinterziehung verdächtigt werden, dürfen aber auch ganz vernünftige Menschen bezweifeln. In einem Rechtsstaat wie dem deutschen heiligt der Zweck, und sei es die Jagd auf Schwarzgeld-Millionäre, nicht alle Mittel".

Das Handelsblatt wirft einen Blick auf die Steueroase und stellt ohne Umschweife fest: "Die Schweiz hat ein Problem". Egal, ob man den staatlichen Ankauf von gestohlenen Bankdaten als politisch opportun oder moralisch verwerflich betrachte, die Alpenrepublik stehe auf jeden Fall erneut am Pranger, so die Düsseldorfer Zeitung. Belege "die hitverdächtige CD mit den Geheimnissen deutscher Steuerflüchtlinge doch, dass noch immer Milliarden an Schwarzgeld auf Schweizer Konten lagern. Kein Finanzminister der hochverschuldeten Industriestaaten kann es sich leisten, das tatenlos hinzunehmen. Das ist in Deutschland nicht anders als in Frankreich, Italien und den USA - alles Länder übrigens, die mit der Schweiz im Steuerclinch liegen".

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf

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