Pressestimmen

Schwarz-Gelb verhandelt Ein Anfang ohne Zauber

Die Schonzeit ist vorbei. Der Koalitionspoker ruft Kritiker auf den Plan. Schwarz-Gelb sollte sich Zeit nehmen. Gerade der FDP drohe sonst die Gefahr einer schnellen Entzauberung.

Für Angela Merkel, Guido Westerwelle und Horst Seehofer ist die Schonzeit vorbei.

Für Angela Merkel, Guido Westerwelle und Horst Seehofer ist die Schonzeit vorbei.

(Foto: AP)

"Diesem Anfang wohnt noch kein Zauber inne. Die schwarz-gelbe Koalition ist kein neues Projekt, so wie es Rot-Grün im Jahr 1998 war", schreibt der Trierische Volksfreund. Unfeierlich und geschäftsmäßig seien die Koalitionsverhandlungen gestartet, Arbeitsgruppen, Themen und Termine Gesprächsgegenstände gewesen. Das Blatt übt mit Blick auf die Zukunft Kritik: "Die erste Gelegenheit, zu Beginn ihrer Zusammenarbeit darüber nachzudenken, wo das Land in vier Jahren stehen soll, haben CDU, CSU und FDP schon versäumt. (...) Jetzt geht es um eine neue Balance zwischen Staat und Markt (...). Es wird mit Blick auf die vor ihnen liegenden vier Regierungsjahre ein schwerer Fehler sein, wenn sich CDU, CSU und FDP für diese Debatte nicht Zeit nehmen. Auf die Geschäftsmäßigkeit der Koalitionsverhandlungen folgt die noch hektischere Geschäftsmäßigkeit des Regierens. Und dann ist es zu spät."

Die Stuttgarter Zeitung spekuliert über das zukünftige Verhältnis der schwarz-gelben Regierung zu den Gewerkschaften: "Union und FDP müssen nun Farbe bekennen. Sie werden den Gewerkschaften nicht so viel Einfluss zugestehen, wie es die Große Koalition getan hat." Das Blatt wird konkret: "Forderungen wie einen generellen gesetzlichen Mindestlohn, eine erweiterte Unternehmensmitbestimmung oder eine Begrenzung der Leiharbeit können Sommer & Co. vorerst vergessen." Jedoch werde Schwarz-Gelb keinen "eisigen neoliberalen Wind aufkommen" lassen, das sei unwahrscheinlich. Und mahnend fügt die Zeitung hinzu: "Und wenn doch, dann mag die SPD als Beispiel dienen: an deren Niedergang lässt sich nachvollziehen, was es bedeutet, von großen Teilen der Arbeitnehmerschar im Stich gelassen zu werden."

Auch der Nordbayerische Kurier widmet sich den anstehenden Koalitionsverhandlungen: "Die Wahl ist gewonnen, jetzt müssen Union und FDP ans Eingemachte. Wenn Koalitionsverhandlungen beginnen, endet die Schonzeit." Hinter "verschlossenen Türen" werde heftig um "Programme, Posten, Positionen" gerungen. "Folgt der Großen Koalition eine kleine Koalition der kleinen Lösungen?", fragt sich das Blatt und hält das für möglich, denn begrenzt seien die "finanziellen Spielräume, in denen Schwarz-Gelb agieren muss". Und es sieht für die FDP die Gefahr einer schnellen Entzauberung: "Ihr ehrgeiziges Steuermodell ist mit Blick auf fast 100 Milliarden Neuverschuldung im nächsten Jahr zum Scheitern verurteilt. Es wird moderate Steuersenkungen geben, die die kalte Progression dämpfen. Mehr ist nicht drin."

Für die Landeszeitung Lüneburg kam Horst Köhlers "Weckruf" zur rechten Zeit. "Als die Unterhändler von FDP und Union ihren Koalitionspoker begannen, erinnerte sie Bundespräsident Horst Köhler daran, dass die Weltwirtschaftskrise kein böser, aber überstandener Spuk ist. Das Monster sei noch nicht gezähmt. Die Regulierung der Finanzmärkte dürften nicht dem Markt überlassen werden, mahnte Köhler, als ehemaliger Direktor des Internationalen Währungsfonds der Kapitalismuskritik unverdächtig." Auch die Landeszeitung übt Kritik an den Koalitionsverhandlungen, denn "während Köhler wahrhaft staatsmännisches Denken anmahnt, beschränken sich Union und FDP nach einem inhaltsleeren Wahlkampf darauf, ein Leitmotiv zu finden, das ihre Gegensätze überdeckt und ihrer Regierung eine Richtung geben könnte". Das sei ein "erschreckender Kontrast".

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig

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