Pressestimmen

Gesundheitsreform "Frustrierend. Auch für den Minister."

Frustriert? Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler.

Frustriert? Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler.

Und, was ist es ? Die Presse begegnet der schwarz-gelben Gesundheitsreform mit Skepsis. Während die einen in dem Gesetz eine "Revolution durch die Hintertür" sehen, bemängeln die anderen die fehlende Kraft zum Systemwechsel. Einig sind sich die Kommentatoren aber in einem Punkt: Ein großer Wurf ist Gesundheitsminister Philipp Rösler nicht gelungen.

Dabei, so erinnert sich die Braunschweiger Zeitung, hatte sich Rösler Großes vorgenommen: "Zum Amtsantritt versprach er eine Gesundheitsreform, die die Finanzprobleme endlich dauerhaft lösen sollte. Mehr Gerechtigkeit, mehr Transparenz, mehr Wettbewerb." An diesen Ansprüchen sei der FDP-Politiker jedoch gescheitert. Stattdessen beinhalte das Gesetz "eine plumpe Erhöhung der Beitragssätze" sowie die klare Absicht, "künftig alle Kostensteigerungen auf die Versicherten abzuwälzen."

Dabei seien dafür ja durchaus gute Argumente angeführt worden, gibt die Cellesche Zeitung zu. Die Deutschen würden immer älter, und der medizinische Fortschritt immer teurer. Allerdings müssten "Regierung und Opposition verstärkt nach Einsparmöglichkeiten suchen", fordert das Blatt aus Niedersachsen.

An den Mehrbelastungen für die Versicherten stößt sich vor allem das linke Lager. Stellvertretend fragt das Berliner Neue Deutschland , ob es gerecht sei, "wenn Kostensteigerungen allein die Versicherten berappen, wenn Arbeitslose, Rentner und Geringverdiener am meisten zahlen müssen oder wenn der soziale Ausgleich für Arme nicht mehr als ein Almosen darstellt (...)." Mit dem Gesetz erreiche die schwarz-gelbe "Tradition (...), die Wirtschaft zu beschenken", einen "neuen Höhepunkt".

Bedenken ob der sozialen Auswirkungen der Reform hegen auch die Stuttgarter Nachrichten. Zwar könnten die aufwachsenden Zusatzbeiträge ein Weg sein, die Lasten der Kostensteigerungen gerecht zu verteilen. Allerdings funktioniere dies nur "unter der Bedingung, dass der Sozialausgleich über das Steuersystem funktioniert und Einkommensstarke für Einkommensschwache einstehen." Allerdings seien hier Zweifel angebracht, wenn man die "Sprunghaftigkeit deutscher Fiskalpolitik" betrachte.

Angesichts der bald deutlich im Portemonnaie spürbaren Belastung wundert sich das Westfalen-Blatt aus Bielefeld über den Gleichmut, mit dem die Bevölkerung die Entscheidung hinzunehmen scheint. "Dabei ist diese Reform von größter Bedeutung vor allem mit Blick auf die Zukunft." Zwar sei abzuwarten, wie Schwarz-Gelb die Reformidee ausgestalte. Trotzdem sei dem Gesundheitsminister "die Revolution durch die Hintertür gelungen. Die Kopfpauschale kommt, und kaum einer merkt's."

Das Flensburger Tageblatt spricht dem Gesetz eine weitreichende Wirkung ab. "Die Gesundheitsreform ist nicht der dieser Tage so viel beschworene Systemwechsel.", sondern ein Beitrag zum ultimativen Ziel der Regierung: zum Wachstum. Dazu habe der Widerstand aus den eigenen Koalitionsreihen und der Lobbyverbände beigetragen. Also müsse nun der Mittelstand zahlen. Das sei "frustrierend. Auch für den Gesundheitsminister."

Und auch für Kanzlerin Merkel, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung ergänzt. Die CDU-Vorsitzende habe gehofft, dass die FDP die Systemumstellung schafft. "Doch weit gefehlt. Für den grundlegenden Systemwechsel reicht nicht einmal die Kraft dieser Koalition (...)." Stattdessen sei eine Regelung herausgekommen, die jeglicher Steuerungsfunktion entbehre. So ließe sich ein Missbrauch von ärztlichen Leistungen nicht verhindern und letztlich keine Kosten senken.

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Christian Bartlau

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