Pressestimmen

Gute Nachricht mit kurzer Halbwertzeit Griechenland ist nicht allein

Da ist nichts mehr zu holen.

Da ist nichts mehr zu holen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Und plötzlich sind sie alle für die Börsen- oder Finanzmarkttransaktionssteuer. Na, nicht ganz. Die FDP fremdelt noch ein bisschen. Derweil wird die Kette der strauchelnden Staaten immer länger: "Griechenland, Irland, Portugal, Spanien. Wer könnte folgen, etwa Italien oder Frankreich? Noch immer unklar ist indes, ob Deutschland den Ernst der Lage begriffen hat. Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen halten mit ihren Zweifeln nicht hinter den Berg.

Und eigentlich hat Wolfgang Schäuble auch nur laut ausgesprochen, was ohnehin alle wissen, aber sich nicht zu sagen trauen: Eine Steuer auf alle Finanztransaktionen wird es in der Bundesrepublik in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr geben. Der Mannheimer Morgen schreibt dazu: "Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in den nächsten zwölf Monaten mindestens neun EU-Staaten finden, die sämtliche Börsengeschäfte besteuern wollen und diese neue Einnahmequelle auch gesetzgeberisch auf den Weg bringen, ist äußerst gering. In Europa dauert alles ein bisschen länger. Ohne Partner aber geht es nicht, ein deutscher Alleingang verbietet sich mit Blick auf die Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt. Insofern ist die massive Kritik der Opposition an der Regierung vor allem eines - heuchlerisch, zumal sich Bundeskanzlerin Angela Merkel wie Schäuble klar zur Steuer bekennen."

"Es ist also etwas vereinfachend zu behaupten, das Problem von Staaten, Banken, Haushalten und Unternehmen bestünde darin, dass sie zu viele Schulden hätten. Denn diese Schulden sind das an den Märkten gehandelte Finanzvermögen, der Reichtum der Welt", meint der Kommentator der Berliner Zeitung und sinniert, dass der Finanzmarkt - genauer: das Finanzkapital - das Subjekt der globalen Ökonomie sei. "Mit seinen Ansprüchen an die Zukunft überfordert es die reale Welt und wird damit selber brüchig. Um es zu retten, nehmen die Staaten mehr Kredit auf und erhöhen damit die Last der Erwartung, also die Ansprüche an künftiges Wachstum."

Die Leipziger Volkszeitung wagt einen Blick auf dem kommenden Sonntag und damit auf die Griechenland-Wahl: "Seitdem vor über zwei Jahren die sogenannte Finanzkrise auch über Deutschland hereinbrach, greift Verunsicherung um sich, ob der Euro stabil bleibt oder die große Inflation über uns kommt. Dabei ist Deutschland bisher ganz gut unterm Regen durchgekommen. Aber Deutschland ist keine Insel der Glückseligkeit, gerade weil es fiskalisch, politisch und wirtschaftlich stark mit Europa verflochten ist. Schon wird über einen europäischen Haftungsverbund oder über eine gemeinsame Garantie für Spareinlagen diskutiert. Am Ende läuft es auf eine gemeinsame Finanzverwaltung hinaus. Ist Europa dafür reif? Am Sonntag wird in Griechenland erneut gewählt. Dann wird sich zeigen, ob alles bleibt wie es ist oder das erste Land die Euro-Zone verlässt.

Dass die Krise Politik, ja, sogar Geschichte machen könnte orakelt der Kommentator der Landeszeitung Lüneburg und legt den Finger in die Wunde: "Ein knappes Dutzend Regierungen stürzten. Linksextreme attackieren die Einigungsidee. Rechtsextreme nehmen Migranten als Sündenböcke ins Visier. Zwar erkennen die regierenden Eliten endlich den Wert des Projektes Europa. Nachdem sie sich bisher jeden Minimalfortschritt in kleinkrämerischem Geschacher abhandeln ließen, wächst die Bereitschaft für den großen Sprung. Fatal ist aber, dass die Verelendungstendenzen in den Südländern und die Angst davor anderswo in den Völkern die Sehnsucht nach der Nation wiederbelebt. Am Ende könnte in den Geschichtsbüchern stehen, dass die Euro-Krise das Projekt Europa vollendete - und beerdigte."

Aber wer nur auf Griechenland schaut, blickt auf die Krise von gestern, denn es braut sich noch mehr zusammen. Der Wiesbadener Kurier weiß, dass in der Eurokrise gute Nachrichten nur eine kurze Halbwertzeit haben. "Kaum ist der Wind in Spanien - vorerst - abgeflaut, so zieht der Sturm in Italien und Zypern auf. Die Ursachen mögen völlig unterschiedlich sein, in Rom erlahmender Reformwille, auf der kleinen Mittelmeerinsel die Außenstände der Banken im Pleitestaat Griechenland. Aber alle Facetten der Krise dokumentieren die wechselseitige Abhängigkeit im Euroraum, die von der Politik, namentlich in Deutschland, noch nicht wirklich als unabwendbare Tatsache begriffen wird. Es gibt keine schnelle Trennung, etwa von Athen nach einem wiederum unliebsamen Wahlausgang. Und wenn, dann reißt jeder Schnitt Wunden an ganz anderer Stelle auf."

Die Neue Westfälische legt noch nach und zählt auf, dass die Kette der strauchelnden Staaten immer länger wird: "Griechenland, Irland, Portugal, Spanien. Wer ist als Nächstes dran? Italien? Frankreich? Der Eindruck verstärkt sich, dass in dem Drama Eurokrise der letzte Akt begonnen hat. Hat Deutschland den Ernst der Lage begriffen?, fragen sich viele Experten in der ganzen Welt. Momentan lässt sich das klar mit einem Nein beantworten.

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Peter Richter

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