Urteil gegen Hoeneß "Höllensturz aus dem Fußball-Himmel"
13.03.2014, 20:45 Uhr
Die Presse diskutiert über das Urteil gegen Uli Hoeneß.
Dreieinhalb Jahre Haft lautet das Urteil im vielbeachteten Steuersünder-Prozess gegen Hoeneß. Das Landgericht München stuft seine Selbstanzeige als ungültig ein. Die deutsche Presse wertet den Richterspruch als gerechte Strafe für einen "Heuchler", der "als Vorbild ausgedient" habe.
"Der Name des Angeklagten hätte das Gericht einschüchtern können", schreibt die Welt. Schließlich sei Hoeneß nicht nur der erfolgreichste Fußballmanager aller Zeiten, sondern auch sozial engagiert und zum Vorbild stilisiert. Das Urteil werde auf den FC Bayern München ausstrahlen: "Denn man kann das, was der Steuerhinterzieher Hoeneß getan hat, nicht von dem messerscharf trennen, was der begnadete Manager Hoeneß getan hat. Vor allem dies: Er hat als Vorbild ausgedient, und das ist - leider - gut so."
Die Stuttgarter Zeitung kommentiert das Urteil gegen Hoeneß kurz und bündig: "Im Münchner Prozess wegen Steuerhinterziehung hat der ewige Angreifer Hoeneß einen vorletzten Ausfall probiert. Der Richter Rupert Heindl entzauberte diese Überrumpelungstaktik in der Urteilsbegründung mit einem Wort. Er nannte Hoeneß' Taten ein 'Vorsatzdelikt'. Die FC Bayern AG braucht einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden."
Die Frankfurter Rundschau unterscheidet zwischen dem Bürger Hoeneß und seiner Rolle in der Öffentlichkeit: "Das Landgericht hat über den Bürger Ulrich Hoeneß geurteilt, aber zugleich den Heuchler gerichtet, der er mit kaltschnäuziger Entschlossenheit gewesen ist." Nicht nur seine Karriere als weltweit erfolgreichster Fußballmanager sei vom Urteilsspruch in München beendet worden: "Vorbei ist es auch mit seiner Rolle als öffentlicher Mahner, als vermeintliches Leit- und Vorbild." Hoeneß' Verschwinden aus der Öffentlichkeit sei, so die Zeitung weiter, kein Verlust. Diejenigen, die jetzt Ulrich Hoeneß im Namen der Moral zum Teufel wünschten, sollten bedenken, dass der "Moralist und der Doppelmoralist" Brüder seien. In diesem Sinne genüge es vollkommen, "dass er ins Gefängnis muss".
"Persönlich kann einem Hoeneß leidtun", kommentiert die Süddeutsche Zeitung, fügt jedoch hinzu: "Sein Kalkül, die schwere Straftat mit Worten zu bedauern, seine Steuerschuld zu begleichen und nach der Verurteilung auf Bewährung weiterzumachen wie bisher, war irrig." Nun werde er beide Ämter verlieren, konstatiert das Blatt weiter und mahnt: "Irgendeiner aus dem Verein der Claqueure (zum Beispiel im Aufsichtsrat), die bislang zu feige dazu waren, dem Steuerhinterzieher zu sagen, dass er nicht mehr tragbar ist, wird ihm das beibringen müssen - falls es Hoeneß nach seiner Verurteilung noch immer nicht selbst einsieht."
Die Aachener Zeitung legt den Fokus auf die vermeintliche Spielsucht des Bayern-Präsidenten: "Neben der juristisch bewerteten Schwere der Straftat hat Uli Hoeneß ein gravierendes persönliches Problem mit seiner Zockerei. Ist sie Kompensation für den immer unter Hochspannung stehenden Top-Manager? So wie andere koksen oder trinken? Ist sie Freizeitgestaltung für einen Superreichen? Nervenkitzel für einen, der sonst immer gewinnt?" Tatsächlich münde bei Hoeneß der stete Erfolg im Beruf, der gewohnheitsmäßige Umgang mit "unfassbaren Geldsummen" in seiner eigentümlichen Rechtsauffassung. Er habe seine eigene Gerechtigkeit definiert: "Er schwebt in Sphären, die fern jeglicher Bodenhaftung sind. Bedauernswert der Mann, der so viel erreicht hat, der solch hohe Reputation hatte, der die Millionen auf seinen Konten hortete und dem eine ordentliche Steuermoral keinen Schmerz zugefügt hätte. Aber er wollte auch hier spielen. Zocken. So bleibt nur das: ein armer reicher Mann."
Der Mannheimer Morgen verurteilt Hoeneß' Steuerhinterziehung mit klaren Worten: "Der Steuerbetrug in diesem Ausmaß ist nichts anderes als ein dreister Diebstahl zu Lasten aller ehrlichen Bürger, die brav ihre Abgaben an den Staat zahlen." Mit dreieinhalb Jahren falle das Urteil nicht allzu hart aus, befindet die Zeitung, gibt jedoch zu bedenken: "Eine Verbannung hinter hohe Gefängnismauern trifft Hoeneß wie die Höchststrafe schlechthin. Es ist der Höllensturz aus dem Fußball-Himmel." Die meisten Menschen in Deutschland seien mit dem Richterspruch einverstanden, da es deutlich mache, "dass auch der Prominenten-Status nicht vor Strafe schützt".
Zusammengestellt von Aljoscha Ilg
Quelle: ntv.de