Pressestimmen

Studie "Lebenswelten junger Muslime" "Integration ist keine Einbahnstraße"

Knapp ein Viertel der jungen Muslime, die keinen deutschen Pass haben, zeigt sich nicht integrationswillig. Das jedenfalls geht aus einer von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich vorgestellten Studie hervor, die bei FDP und Opposition auf harte Kritik stößt. Die Studie sei rausgeschmissenes Geld und nur darauf angelegt, Schlagzeilen zu provozieren. Die Presse ist zwiegespalten.

Aufeinander zugehen: Junge Mitglieder der Zelt-Moschee in Köln-Ehrenfeld und Gäste nehmen am "Tag der offenen Moschee" teil.

Aufeinander zugehen: Junge Mitglieder der Zelt-Moschee in Köln-Ehrenfeld und Gäste nehmen am "Tag der offenen Moschee" teil.

(Foto: dpa)

"Entgegen allen Reflexen des Boulevards belegt die Studie: Die allermeisten jungen Muslime bemühen sich hierzulande um Integration, sie sind friedfertig und möchten einfach nur leben und arbeiten die alle anderen auch", stellt die Hessische-Niedersächsische Allgemeine aus Kassel fest und ergänzt, dass es auch "fürchterliche Ausnahmen" gäbe, aber eben auch "wunderbare Gegenbeispiel. Die eigentliche Trennlinie verläuft ja nicht zwischen Nationalitäten oder religiösen Bekenntnissen. Sie wird vom Grundgesetz markiert: Wer die Würde eines jeden Menschen achtet, für Gewaltfreiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau eintritt, der gehört dazu." Das alles sei aber nicht selbstverständlich, und deswegen müsse man sich "täglich darum bemühen, in Familien, an Schulen, in Betrieben. Dass die Studie uns hieran erinnert - darin liegt ihr Wert."

Auch der Kölner Stadt-Anzeiger hält es für richtig, dass der Bund Geld für die Studie ausgibt, denn "genau hinzugucken, ist gut. Und zwar regelmäßig. Wie sonst soll man erkennen, ob sich Einstellungen ändern? 'Integration ist ein interaktiver Prozess', heißt es im Fazit der aktuellen Studie. Das heißt: Beide Seite sind verantwortlich dafür, dass sie gelingt - die Mehrheitsgesellschaft und die eingewanderte Minderheit." Die Zeitung sieht die aktuelle Studie als "gute Grundlage, um endlich an die Arbeit zu gehen."

Ganz anders beurteilt das Hamburger Abendblatt die Studie: "Dass es ernsthafte Probleme vor allem mit jungen muslimischen Männern gibt, dass ganze Viertel in Großstädten zu Parallelwelten mutieren, dass auch demokratiefeindliches bis terroristisches Gedankengut in kleinen Kreisen gepflegt wird, ist hinlänglich bekannt und wird auch von keinem ernsthaften Politiker bestritten. Der Lösung dieser Probleme kommt man allerdings auch mit der x-ten Studie zum Thema keinen Deut näher. Hier ist vielmehr praktisches Handeln getreu dem Motto 'Probieren geht über Studieren' gefragt. Eine Aufgabe, der sich auch der Bundesinnenminister stellen könnte."

"Aus der Studie im Auftrag des Bundesinnenministeriums geht hervor, dass ein Viertel der jungen Muslime ohne Pass sich gegen die Integration sperrt. Falls die Untersuchung wirklich repräsentativ ist, wäre das ein sehr hoher Wert", findet der Mannheimer Morgen und weist innerhalb der Studie auf einen fragwürdigen "Zusammenhang zwischen strenger Religiosität und Integrationsverweigerung" hin. Denn das müsste im Umkehrschluss heißen, "dass Muslime mit qualifiziertem Abschluss und einem ordentlichen Beruf weniger mit dem Islam am Hut haben. Ist es nicht eher so, dass Arbeitslosigkeit und Hartz IV viele Muslime automatisch zu Außenseitern dieser Gesellschaft machen? So betrachtet ist die Integration keine Einbahnstraße. Auch der Staat muss mehr tun."

 

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen