Snowden bekommt Asyl in Russland "Kalter Krieg, verkehrt herum"
12.07.2013, 21:30 Uhr
Nach langem Hin und Her hat US-Whistleblower Edward Snowden jetzt politisches Asyl in Russland beantragt. Das knüpft Präsident Putin aber an Bedingungen. Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen sind sich daher einig, dass ein Ende von Snowdens Asyl-Odyssee noch lange nicht in Sicht ist.
Die Welt findet es "drollig", dass sich ausgerechnet Russlands Präsident Wladimir Putin für die Meinungsfreiheit stark macht. Putin nutze Edward Snowden und die russischen Nichtregierungsorganisationen (NGO), um sich gegen die Vereinigten Staaten zu positionieren. Seit langem betreibe der russische "Gernegroß" die Taktik, seiner Bevölkerung mithilfe halbstarker Gesten weiszumachen, sein Land sei immernoch eine Supermacht auf Augenhöhe mit den USA. Das entspräche aber nicht den Tatsachen.
Die Heilbronner Stimme dagegen fühlt sich an den Kalten Krieg erinnert. Nur eben verkehrt herum. Ausgerechnet Russland, das so oft wegen verweigerter Menschenrechte am Pranger stehe, dürfe sich nun edler Tugenden rühmen, während die USA blamiert dastünden. Aber auch die US-Verbündeten machten in diesem Drama keine gute Figur. Der Schutz der Menschenrechte, zu dem auch der Schutz privater Daten gehört, sei international in eine Krise geraten. Diese Entwicklung sei aber nicht Snowden anzulasten, sondern dem Urheber: den "überwachungswütigen US-Geheimdiensten nebst der sie deckenden Politik im Weißen Haus".
Für die Leipziger Volkszeitung ist Snowdens Asylantrag weniger ein Zeichen dafür, dass der Geheimnisverräter seine Liebe zum weiten Osten entdeckt hat. Vielmehr habe er erkennen müssen, dass sein früherer Arbeitgeber einen sehr langen Arm besitze. Die Reise nach Südamerika sei zu riskant, da Washington keine Zweifel daran lasse, alle nur erdenklichen Möglichkeiten einzusetzen, um den Abtrünnigen zu erwischen.
Der Rheinzeitung erscheint Russland momentan wesentlich sicherer für Snowden als jedes lateinamerikanische Land. Bis zu den südlichen Nachbarn reiche der lange Arm Washingtons mühelos und die linken Staatenführer in der Region machten zwar viel Krach, doch wenn der Preis stimmt, würde sich auch ein Verräter finden. Russland könne Snowden einfach viel besser schützen, was ein gewaltsames Vorgehen der Amerikaner gegen den NSA-Enthüller auf russischem Gebiet praktisch undenkbar mache. Allerdings komme dem Kreml ein offenes Zerwürfnis mit den USA nicht gelegen. Das sei auch der Grund, weshalb man die Initiative den Menschenrechtlern überlassen habe, vermutet das Blatt. Aktuell könne der Kreml die Menschenrechtskarte gegen Washington ausspielen; längerfristig würde die russische Regierung aber sicher versuchen, Snowden heimlich in ein Drittland abzuschieben.
Der Kölner Stadt-Anzeiger denkt einen Schritt weiter. Da Putin klarstellte, dass es bei seiner Bedingung bleibt und der "Whistleblower" aufhören müsse weitere Informationen zu veröffentlichen, um dem amerikanischen Partner nicht mehr zu schaden, hatte Snowden zunächst seinen Blick nach Lateinamerika richten lassen. Diese Formulierung habe aber einen doppelten Boden; die Hauptarbeit sei sowieso schon getan.
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Louisa Uzuner